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17.2.3 Die Entwicklung der GVO-Regulierung in Europa
Im Gegensatz zur Situation in den USA breitete sich die Debatte über mögliche Ri-
siken bei der Anwendung von Gentechnologie in den europäischen Ländern, und
hier vor allen in den deutschsprachigen, schnell über die Kreise der Biotechnologie-
Experten hinaus aus (z. B. Kollek et al. 1986 , Keller and Koechlin 1989 ) . In
Deutschland stieß die Arbeit der im Sommer 1984 eingesetzten parlamentarischen
Enquete-Kommission „Chancen und Risiken der Gentechnologie“ (Deutscher Bun-
destag 1987 ) eine öffentliche Debatte an, die in den letzten 25 Jahren immer wieder
neu angeregt wurde. Anfänglich übernahmen viele europäischen Regierungen die
in den USA entwickelten NIH-Sicherheitsrichtlinien (Wright 1994 ) und lehnten ei-
ne spezifische Gesetzgebung ab. Die öffentlichen Debatten in Europa kamen im
Gegensatz zu denen der USA jedoch zum Schluss, dass aufgrund der Neuartig-
keit von GVO ein spezifischer gesetzlicher Rahmen zur Risikoabschätzung und
Genehmigung nötig sei (Commandeur et al. 1996 ) . Die ersten nationalen Gen-
technikgesetze wurden 1986 in Dänemark und 1990 in Deutschland erlassen. Im
gleichen Jahr folgten die ersten EU-GVO-Richtlinien . 2 Diese europäischen Geset-
zeswerke basieren auf dem Konzept, dass die Eigenschaften und das Verhalten von
gentechnischen Organismen, deren „genetisches Material so verändert worden ist,
wie es auf natürliche Weise durch Kreuzen und / oder natürliche Rekombination
nicht möglich ist“ , 3 nicht ausreichend auf der Grundlage des jeweils gegenwärti-
gen Wissens und der Erfahrung bezüglich der nicht veränderten Eltern abgeleitet
werden kann. Dieser sogenannte prozessorientierte Ansatz wurde im Kontext der
EU-Umweltgesetzgebung entwickelt und in den meisten Mitgliedsstaaten durch
die Umweltministerien umgesetzt. Aufgrund des starken Einfluss der Experten aus
der Biotechnologie auf den legislativen Prozess kamen aber nicht existierende In-
strumente der Umweltrisikoanalyse wie die Umweltverträglichkeitsprüfung bei der
Untersuchung von GVO zum Einsatz, sondern die zusammen mit der Technolo-
gie in den USA entwickelte GVO-Risikoanalyse, die sich an den Methoden der
Chemikalien- und Arbeitsplatzsicherheit orientiert.
17.2.4 Das Cartagena-Protokoll über biologische Sicherheit
der UN
Auf internationaler Ebene wurden 1995 unter dem Dach des UN-Übereinkommens
über die biologische Vielfalt Verhandlungen über völkerrechtlich verbindliche
2 ein Überblick über die GVO-Vorschriften der EU findet sich auf der Internetseite: http://ec.
europa.eu/food/food/biotechnology/evaluation/gmo_nutshell_en.htm
3 Richtlinie 90/220/EWG des Rates vom 23. April 1990 über die absichtliche Freisetzung gene-
tisch veränderter Organismen in die Umwelt http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?
uri=CELEX:31990L0220:DE:HTML
 
 
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