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In einer Situation, in welcher einem Produkt nicht mehr anzusehen ist, wie
es produziert wurde und was in ihm steckt, sind Wertentscheidungen seitens der
Öffentlichkeit ein entscheidendes strategisches Mittel der Wahrung eigener Inter-
essen. Dies gilt wahrscheinlich am unmittelbarsten und deutlichsten im Hinblick
auf Lebensmittel, die elementar mit dem eigenen Wohlergehen und der Gesund-
heit verbunden sind. Hier spielen Werthaltungen eine besondere Rolle. Natürlichkeit
und Naturnähe gerade von Nahrungsmitteln (verstanden als Gegenpol zu industriel-
lem Ersatz und synthetischen Zusätzen) wird wahrgenommen als das am wenigsten
hintergehbare Merkmal, mit dem der Wert eines Nahrungsmittels beurteilt wird.
Eine Chemisierung der Landwirtschaft lässt sich diesbezüglich als Applikation
von Zusätzen verstehen, als etwas dem Lebensmittel Äußerliches, das im Produkt
„mit dabei“ ist, sich zum Teil vielleicht noch abwaschen lässt. Jedenfalls sind eine
Chemikalie und ihre Abbauprodukte in der Vorstellung trennbar vom Lebensmit-
tel selbst. Dies gilt auch für Zusätze im Rahmen der Lebensmittelverarbeitung.
Anders ist diesbezüglich die Wahrnehmung der Gentechnik. Hier sitzt die der ei-
genen Kontrolle und Einflussnahme nicht zugängliche Veränderung im Genom -
und macht somit konstitutiv das „Sein“ des als Nahrung dienenden Organismus aus.
Das lässt sich nicht trennen, abwaschen oder wegschneiden. Gleichzeitig ist die ge-
netische Veränderung patentiert, stellt also (so paradox das sein mag) in stofflicher
Hinsicht das geistige Eigentum des Patentinhabers dar. Das erscheint als prägnante
industrielle Enteignung genuiner Lebensbezüge.
Der Konflikt um die Gentechnik gerade bei der Anwendung im Lebensmittelsek-
tor führte zu einer erbittert zu Tage tretenden Abwehr in der hiesigen Öffentlichkeit.
Deren Widerstand gegen Gentechnik lässt sich in Anbetracht all der PR- und Werbe-
aktionen der Gentechnik-Protagonisten nicht anders erklären als mit einer Stabilität
von Werthaltungen, die gerade im Hinblick auf Nahrungsmittel besonders ausge-
prägt ist - und die den Korrekturbemühungen durch ein werbendes industrielles
Informationsangebot erstaunlich hartnäckig widerstand. Die Veranstaltung zeigte,
dass dies in sehr deutlichemMaße gerade in dem gesellschaftlichen Bereich gilt, der
dem ländlichen Rahm nahe verbunden ist und über eine reflektierte Diskurskultur
verfügt.
Das Diepholzer Kreisblatt (DKB) berichtete ausführlich über die Veranstaltung.
Die Zeitungsberichte stießen auf interessierte Resonanz der Leserschaft (Anlagen
14.1-14.3).
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