Biology Reference
In-Depth Information
Antragstellerin in dem Normenkontrollverfahren war das Land Sachsen-Anhalt . 3
Eine Reihe von Verbänden trat als Unterstützer des Landes auf (BVerfG, 2010 ) . Das
Gericht thematisiert die o.g. Belastungen nacheinander nach dem üblichen Grund-
rechtsschema: Ist der Schutzbereich des jeweiligen Grundrechts berührt? Liegt ein
Eingriff vor? Gibt es ein legitimes öffentliches Interesse an dem Eingriff? Ist der
Eingriff hinreichend genau umschrieben? Ist er verhältnismäßig?
Im Ergebnis stellt es fest, dass sämtliche Eingriffe verfassungsmäßig seien. Dabei
erweisen sich zwei Gemeinwohlziele als legitimierend: die Risikovorsorge im Hin-
blick auf menschliche Gesundheit und Umwelt und die Koexistenz verschiedener
Anbauweisen. Die meisten der untersuchten Eingriffe werden dementsprechend als
Instrumente mit doppeltem Zweck angesehen. Eine genaue Unterscheidung, in wel-
chem Umfang jedes einzelne Instrument dem einen oder anderen Zweck dient, wird
also nicht vorgenommen und ist, da die verfassungsrechtliche Prüfung pauschalieren
können muss, auch nicht geboten. Im Einzelnen:
Sozusagen vor der Klammer erörtert das Gericht den Anwendungsbereich
des Gentechnikgesetzes, und insbesondere die Erstreckung des Kontrollregi-
mes auf unbeabsichtigte Auskreuzungen. Diese führten zu eigenen Vorsorge-,
Kennzeichnungs- und ggf. Genehmigungspflichten, die insofern mittelbar auf die
Berufsfreiheit des gentechnikverwendenen Landwirts wirkten, als der betroffe-
ne Landwirt Abwehr- und Entschädigungsansprüche geltendmachen könne. Das
Gericht nimmt in der Tat einen (mittelbaren) Eingriff an, hält diesen aber für ge-
rechtfertigt, weil Art. 20a GG Umweltschutz gebiete und der Gesetzgeber sich
für eine Risikovorsorge entscheiden dürfe, die gleichermaßen geplante und nicht
geplante GVO erfasst (BVerfG 2010 , Rn. 142).
Aus den gleichen Gründen seien auch die Eigentumsgarantie (BVerfG 2010 ,
Rn. 143) und die Wissenschaftsfreiheit (BVerfG 2010 , Rn. 150) nicht verletzt.
Das Gericht untersucht weiter die Bestimmungen über das Standortregister
(§ 16a GenTG). Es zieht als Maßstab vor allem das Grundrecht auf informationelle
Selbstbestimmung heran. Dessen Schutzbereich sei betroffen, weil personenbezoge-
ne Daten über persönliche und sachliche Verhältnisse (Name des Bewirtschafters,
Bezeichnung des GVO und der Ausbringungsfläche) in Frage stünden. Ein Eingriff
liege in der Mitteilungspflicht, der Erfassung der Daten und in deren Weitergabe an
Dritte (BVerfG 2010 , Rn. 163). Als Gemeinwohlziele, die den Eingriff rechtferti-
gen können, nennt das Gericht neben dem Gesundheits- und Umweltschutz auch die
Koexistenz, die sich verfassungsrechtlich auf die konkurrierenden Grundrechte der
3 Als Unterstützer des Landes traten auf: der Deutsche Bauernverband e.V., der Deutsche
Raiffeisenverband e.V., der Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter e.V., die Gesellschaft für
Pflanzenzüchtung e.V., der Bundesverband Deutscher Saatguterzeuger e.V., die Deutsche For-
schungsgemeinschaft und die Deutsche Industrievereinigung Biotechnologie im Verband der
Chemischen Industrie e.V. Auf Seiten des Bundes als Antragsgegner traten auf: Der Deutsche Bau-
ernbund e.V., der Sachverständigenrat für Umweltfragen, der Bund für Umwelt und Naturschutz
Deutschland e.V., der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e.V., das Öko-Institut e.V., die
Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. und der Verband Katholisches Landvolk e.V. S. BVerfG
( 2010 , Rn. 115 f.).
 
Search WWH ::




Custom Search