Biology Reference
In-Depth Information
Dabei sind als Grundrechtsträger sowohl gentechnikmeidende wie gentechniknut-
zende Akteure einzubeziehen. Wir beschränken unsere Ausführungen dabei auf
Landwirte. Im Wesentlichen gilt das für sie Entwickelte aber auch für Lebensmit-
telproduzenten und -händler.
11.3.1 Grundrechte des gentechnikmeidenden Landwirts
Die Grundrechte haben traditionell die Aufgabe, Freiheiten des Bürgers gegen Ein-
griffe des Staates zu sichern. Sie binden nach Art. 1 (3) GG nur die öffentliche
Gewalt, gelten also nicht (unmittelbar) im Verhältnis zu privaten Dritten. Dies
ist für den vorliegenden Zusammenhang insofern relevant, als es nicht der Staat,
sondern andere Landwirte sind, die GVO anbauen und dadurch Risiken für die
gentechnikmeidenden Landwirte verursachen. Dennoch wirken die Grundrechte auf
das Verhältnis der Bürger untereinander mittelbar insofern ein, als Einzelne einen
Schutzanspruch gegen den Staat haben, dass dieser das Rechtsverhältnis Dritten ge-
genüber im Lichte der Wertentscheidungen der Grundrechte ausgestaltet (BVerfG
1981a , S. 73).
Im vorliegenden Fall ist zweifelhaft, ob die Schutzrechtskonstellation vorliegt
oder ob nicht doch eine klassische Konstellation staatlichen Eingriffs gegeben ist.
Da die Gesetzgebung den gentechnikmeidenden Landwirten gegenüber konkrete
Handlungsanweisungen vorschreibt, spricht mehr für die letztere Variante. Wegen
seiner Gentechnikgesetzgebung können die Gentechnik und ihre Auswirkungen
deshalb dem Staat zugerechnet werden. Ähnlich argumentiert auch das BVerfG in
seiner Rechtsprechung zur Frage der staatlichen Schutzpflichten aus Art. 2 Abs. 2
GG bei der Genehmigung von Kernkraftwerken (BVerfG 1979 , S. 58).
Als Prüfmaßstab heranzuziehen ist zunächst die Eigentumsgarantie. Für den
GVO-freien Landwirt bestehen Belastungen durch das Gentechnikrecht darin, dass
er in gewissem Umfang eine Kontamination hinnehmen und seine Produkte bei
Überschreitung von Schwellenwerten kennzeichnen muss. Hierfür muss er das
Saatgut und seine Erzeugnisse von GV-Produkten getrennt halten 1 und u.U. kosten-
aufwendig untersuchen. Ferner trägt er - trotz gesetzlicher Beweiserleichterungen
(§ 36a Abs. 4 GenTG) - die Beweislast für die Verursachung von ökonomischen
Schäden durch einen GVO-Landwirt und erhält nur eine begrenzte Entschädigung.
Er muss sogar eine Genehmigung für das Inverkehrbringen der ohne sein Zutun
modifizierten Erzeugnisse einholen, weil es für die Genehmigungsbedürftigkeit des
GVO-Produkts nicht auf die Intention, sondern auf das Vorhandensein der gentech-
nischen Veränderung ankommt (Schröder 2010 ; Generalanwalt Bot 2011 , Nr. 115).
Auch kann er sich Ansprüchen des Inhabers von Patenten oder Sortenschutzrechten
an der transgenen Pflanze ausgesetzt sehen.
1 Zu den erheblichen Kosten in der Verwertungskette s. Friends of the Earth 2011 .
 
Search WWH ::




Custom Search