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Nachbargrundstück stellt nach h.M. allerdings noch keine Beschädigung dar (Palme
und Schlee 2009 , S. 162). Sie muss sich auf die Gebrauchsfähigkeit der Sa-
che erstrecken. Das ist erst dann der Fall, wenn die kontaminierte Pflanze z. B.
ihre Reproduktionsfähigkeit verliert oder wenn ihr Verzehr Gesundheitsschäden
verursacht.
Wie dargelegt, unterscheiden sowohl das EU-Recht wie das GenTG zwischen
Zielen des Gesundheits- und Umweltschutzes einerseits und Zielen der ökonomi-
schen Koexistenz andererseits. Wie ebenfalls gezeigt, lässt sich eine ganze Reihe
von Maßnahmen aufzählen, die die Koexistenz sichern sollen. Diese Maßnahmen
sind jedoch nicht sämtlich allein auf Koexistenz bezogen. Manche von ihnen die-
nen zugleich auch dem Gesundheits- und Umweltschutz. Dies gilt zum Beispiel für
das Standortregister: Es soll einerseits der Koexistenz dienen, weil der ökologische
und / oder konventionelle Landwirt durch Kenntnis des gentechnischen Anbaus in
der Nachbarschaft sich mit seinem eigenen Anbau darauf einstellen kann. Anderer-
seits können die im Register gesammelten Daten dafür genutzt werden, Schäden an
Mensch und Umwelt auf Anbaufälle rückzuverfolgen.
In ähnlicher Weise die Ziele vermischend legen die Regelungen der guten
fachlichen Praxis pflanzenartspezifische Mindestabstände zwischen GVO- und
Nicht-GVO-Feldern fest. Einerseits sollen die Abstände dazu dienen, Einträge
und Auskreuzungen in Kulturen benachbarter Felder zu verhindern bzw. unter
dem Schwellenwert zu halten. Dies zielt auf den rein ökonomischen Sachgüter-
schutz im Sinne der Koexistenz. Andererseits soll aber auch die Weiterverbreitung
von ökologisch problematischen Eigenschaften eingeschränkt werden, wie z. B.
die Weitergabe von Herbizidresistenz oder Insektenresistenz an andere Linien der
angebauten Sorte.
Gegen eine solche doppelte Zweckverfolgung einzelner Maßnahmen ist nichts
einzuwenden. Sie wird auch durch Art. 26a RL 2001/18 nicht ausgeschlossen,
denn diese Vorschrift fordert nur Klarheit darüber, dass zwischen den Zwecken
unterschieden werden soll. Allerdings muss bei der Dimensionierung der einzel-
nen Maßnahmen differenziert werden, welcher Zweck welche Maßnahme erfordert.
Zum Beispiel nötigen die ökonomischen Koexistenzgründe möglicherweise zu grö-
ßeren Abstandsflächen als ökologische Gründe. Solche Klarstellungen erleichtern
auch die verfassungsrechtliche Überprüfung: Die Sortierung der Zwecke führt
jeweils zu spezifischen Legitimationsgründen, die Inbezugsetzung von Maßnahmen
und Zwecken strukturiert den Verhältnismäßgkeitstest.
11.3 Vereinbarkeit der Koexistenzmaßnahmen
mit den Grundrechten
Die Maßnahmen zur Sicherung der Koexistenz werfen Fragen der Vereinbarkeit mit
den Grundrechten auf, die im Folgenden erörtert werden sollen. In Betracht kommen
Eingriffe in die Eigentumsgarantie, die Berufsfreiheit, die Wissenschaftsfreiheit, das
Recht auf informationelle Selbstbestimmung und das Recht auf Gleichbehandlung.
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