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In-Depth Information
Neben den Verhaltens- und Informationspflichten im Nachbarschaftsverhältnis
stehen Informationspflichten gegenüber der zuständigen Bundesoberbehörde, dem
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Wer eine
Fläche bewirtschaftet, auf der GVO angebaut werden, hat dies 3 Monate vor-
her mitzuteilen. Wer einen GVO in Durchführung einer Freisetzungsgenehmigung
ausbringt, hat dies spätestens 3 Werktage vorher mitzuteilen. Diese mitzuteilen-
den Informationen werden in ein bundesweites Standortregister eingetragen (§ 16a
Abs. 1 und 2 GenTG). Das Register ist in Bezug auf die Bezeichnung und den Er-
kennungsmarker des GVO, seine gentechnisch veränderten Eigenschaften und das
Grundstück, auf dem er ausgebracht wird, öffentlich zugänglich (§ 16a (1) Satz
3 i.V.m. (4) GenTG). Dasselbe gilt für eine ggf. abgeschlossene Verzichtsvereinba-
rung mit dem Nachbarn und - weiterhin ggf. - den Umstand, dass der Nachbar auf
eine Anfrage keine Antwort gegeben hat (§ 16b Abs. 1a Satz 2 GenTG). Darüber
hinausgehende Informationen sind bei berechtigten und überwiegenden Interessen
des Zugangssuchenden zugänglich zu machen (§ 16 Abs. 4 GenTG).
Das dritte Instrument der Koexistenzsicherung neben Verhaltens- und Informati-
onspflichten sind Abwehr- und Haftungsregeln. Der Nachbar hat einen Unterlas-
sungsanspruch gegen den Betreiber, wenn dieser durch „unwägbare Stoffe“, zu
denen Pollen gehören, in seinem landwirtschaftlichen Betrieb wesentlich beein-
trächtigt wird (§§ 1004 und 906 BGB). Als eine wesentliche Beeinträchtigung gilt
es nach § 36a GenTG, wenn die Erzeugnisse nicht ohne Genehmigung in Verkehr
gebracht werden dürfen - dies ist bereits bei jeder Kontamination der Fall -, oder
wenn das Erzeugnis zwar zugelassen ist, aber einer Kennzeichnung als „gentech-
nisch verändert“ unterliegt - dies ist bei Lebens- und Futtermitteln bei Überschreiten
der Schwelle von 0,9% der Fall (Art. 12 (2) und 24 (2) VO (EG) Nr. 1829/2003) -
oder wenn das Erzeugnis normalerweise als gentechnikfrei gekennzeichnet werden
könnte, im konkreten Fall aber wegen der Kontamination nicht so gekennzeichnet
werden kann (§ 36a Abs. 1 GenTG; Palme und Schlee 2009 ) . Wenn die angebau-
te Pflanze - gleich, ob sie gentechnisch verändert ist oder nicht (§ 36a Abs. 3
GenTG) - allerdings ortsüblich ist und wenn der Betreiber mehr tun müsste, als
die gute fachliche Praxis gebietet, um den Schaden abzuwenden (z. B. größere Ab-
standsflächen einhalten müsste), so entfällt der Abwehranspruch und verwandelt
sich in einen Anspruch auf Schadensausgleich. Hält der Betreiber aber die GLP
nicht ein (unterschreitet er etwa die vorgeschriebenen Abstandsflächen), so bleibt
es beim Abwehranspruch des Nachbarn. Für den Fall, dass dieser Abwehranspruch
aus besonderen Gründen nicht geltend gemacht werden kann, hat die Rechtspre-
chung einen Ausgleichsanspruch analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB entwickelt (BGH
2003 S. 102). Wenn z. B. der gentechnikmeidende Landwirt nichts von der GVO-
Ausbringung wusste und deshalb nicht auf Unterlassung klagen konnte, kann er
dann zumindest Schadensausgleich beanspruchen.
Neben dem spezifisch auf Koexistenz bezogenen Abwehr- und Entschädigungs-
anspruch aus §§ 1004, 906 BGB mit § 36a GenTG steht die allgemeine Haftung aus
§ 32 GenTG. Sie setzt voraus, dass ein GVO durch seine gentechnisch veränder-
ten Eigenschaften eine Sache beschädigt. Gemeint ist nach h.M. eine Beschädigung
der Substanz. Die bloße Kontamination einer Pflanze und ihrer Früchte auf dem
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