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Wichtiger Orientierungspunkt für Koexistenzmaßnahmen sind die Toleranz-
schwellen für die Pflicht zur Kennzeichnung von Produkten als „GVO enthaltend“
(Art. 12 Abs. 2, Art. 24 Abs. 2 VO (EG) 1829/2003). Die getroffenen Maßnah-
men gelten als normalerweise ausreichend, wenn die Toleranzschwellen eingehalten
werden (Kommission 2010a , Anhang 2.3.1). Es wird aber auch anerkannt, dass
insbesondere für ökologisch wirtschaftende und u.U. auch für konventionell arbei-
tende Landwirte wirtschaftliche Schäden bereits durch geringere GVO-Einträge als
die vorgegebenen 0,9% entstehen können. Die Mitgliedstaaten können Maßnahmen
treffen, um die Einträge von GVO in Kulturpflanzen auf Werte von unter 0,9% zu
begrenzen (Kommission 2010a , Anhang 2.3.3).
Deutschland hat den Regelungsspielraum des Art. 26a RL 2001/18 genutzt. Das
Gentechnikgesetz nennt als seinen Zweck neben dem Schutz von Gesundheit und
Umwelt
die Möglichkeit zu gewährleisten, dass Produkte, insbesondere Lebens- und Futtermittel,
konventionell, ökologisch oder unter Einsatz gentechnisch veränderter Organismen erzeugt
und in den Verkehr gebracht werden können (§1 Nr. 1 und 2 GenTG).
Das GenTG enthält in § 16b eine allgemeine Sorgfaltspflicht für das Anbauen,
Weiterverarbeiten und Inverkehrbringen von GVO. Hierbei ist
Vorsorgedafürzutreffen,dassdiein§1Nr.1und2genanntenRechtsgüterundBelan-
ge durch die Übertragung von Eigenschaften eines Organismus, die auf gentechnischen
Arbeiten beruhen, durch die Beimischung oder durch sonstige Einträge von gentechnisch
veränderten Organismen nicht wesentlich beeinträchtigt werden.
Die Vorsorgepflicht wird durch Regeln der guten fachlichen Praxis konkretisiert
und gilt bei deren Einhaltung als erfüllt (§ 16b Abs. 2 GenTG). Diese Regeln wur-
den im GenTG auf gesetzlicher Ebene vorstrukturiert (§ 16b Abs.3 GenTG) und
durch Verordnung spezifiziert (GenTPflEV 2008 ) . Sie umfassen Sorgfaltspflichten
bei Anbau, Beförderung, Lagerung und Weiterverarbeitung von GVO. Besonders
bedeutsam sind die in der Anlage zur Verordnung niedergelegten pflanzenspezi-
fischen Abstandsregeln wie z. B. bei gentechnisch verändertem Mais 150 m zu
konventionell und 300 m zu ökologisch angebautem Mais.
Während die Koexistenzpflicht nach § 1 Nr. 2 GenTG bis zur Novelle von
2009 gegenüber jeder Person galt und unabdingbar war, ist sie nunmehr unbe-
achtlich, soweit sie nur einem Anderen (insbesondere dem benachbarten Landwirt)
gegenüber besteht und dieser ausdrücklich oder durch Ausschweigen auf sei-
nen Schutz verzichtet (§ 16b Abs. 1 S. 2 GenTG). Der Andere erfährt von der
bevorstehenden Ausbringung dadurch, dass der Betreiber (d. h. der den GVO aus-
bringende Landwirt) 3 Monate vorher seine Nachbarn darüber informieren muss
(§ 3 Abs. 1 GenTPflEV). Erhält der Betreiber nicht innerhalb eines Monats nach
Zugang der Mitteilung an den Nachbarn Rückmeldung, kann er davon ausgehen,
dass der Nachbar keine Pflanzen derselben Art oder anderer Auskreuzungspartner
auf benachbarten Flächen ausbringt (§ 3 Abs. 2 GenTPflEV). Erhält er Rück-
meldung, so ist er verpflichtet, die vorgeschriebenen Mindestabstände einzuhalten
(§ 4 GenTPflEV).
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