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9.2.2 Rechtlicher Umgang mit sachverständiger Expertise
Eingangs ist bereits erwähnt worden, dass sich die deutsche Rechtsprechung mit der
Frage der Verwertbarkeit von ökologischen Modellen - soweit ersichtlich - bislang
noch nicht explizit auseinandergesetzt hat. Aufschluss über die Bewertung ökolo-
gischer Modelle in juristischen Kontexten könnte neben den Anforderungen aus
der Modellierungspraxis der rechtliche Umgang mit sachverständiger Expertise in
anderen Bereichen geben. Nachfolgend sollen daher die Grundsätze der verwal-
tungsgerichtlichen Prüfung von behördlichen Prognosen (dazu a), des Beweises
durch Sachverständige (dazu b), der Überprüfbarkeit von Entscheidungen mit Be-
urteilungsspielraum (dazu c) sowie der allgemeinen Anerkennung von technischen
Regeln (dazu d) analysiert werden.
a. Verwaltungsgerichtliche Prüfung von behördlichen Prognosen
Anhaltspunkte für die Verwertbarkeit von ökologischen Modellen in rechtlich rele-
vanten Zusammenhängen können der vom BVerwG entwickelten Praxis zur gericht-
lichen Prüfung von behördlichen Prognosen entnommen werden. Bei behördlichen
Prognosen führt das BVerwG in ständiger Rechtsprechung eine dreistufige Kontrol-
le durch: Es überprüft, ob die Prognose nach einer geeigneten Methode durchgeführt
wurde, ob der der Prognose zugrunde liegende Sachverhalt zutreffend ermittelt wur-
de und ob das Ergebnis einleuchtend begründet ist . 24 Um die für die Überprüfung
notwendigen Feststellungen zu treffen, soll es prinzipiell ausreichen, sich in der
mündlichen Verhandlung die Datenbasis und das prognostische Vorgehen erläutern
zu lassen und die Prognoseergebnisse einer Plausibilitätskontrolle zu unterziehen . 25
Meist ganz unbehandelt bleibt die Frage der Irrtumswahrscheinlichkeit von
Kausalaussagen. Aus Anlass einer Überprüfung eines Berechnungsmodells für Ver-
kehrsprognosen hat das BVerwG immerhin ausgeführt, die vom Kläger vermissten
Ermittlungen zur Irrtumswahrscheinlichkeit des Modells seien verzichtbar, soweit
die Verwendung derartiger Modelle dem aktuellen Stand der Prognosemethodik ent-
spreche und sich nicht Hinweise auf eine außergewöhnliche Fehleranfälligkeit des
konkret verwendeten Modells aufdrängten . 26
b. Der Beweis durch Sachverständige
Weitere Anhaltspunkte für die juristische Verwertbarkeit von Modellen könnten die
Vorschriften über den Beweis durch Sachverständige im Rahmen des Verwaltungs-
und Zivilprozesses (§§ 96 ff. VwGO, §§ 402 ff. ZPO) enthalten. Nach § 402 ZPO
mit § 98 VwGO sind für den Sachverständigenbeweis grundsätzlich die Vorschriften
für den Zeugenbeweis entsprechend anwendbar.
24 Vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.01.2008 - BVerwG 9 B 7.07, Rn. 4 des Umdrucks, bislang
unveröffentlicht; BVerwGE 114, 364, 378 m.w.N.
25 BVerwG, Beschl. v. 15.01.2008 (Fn. 9), Rn. 4 des Umdrucks.
26 BVerwG, Beschl. v. 15.01.2008 - BVerwG 9 B 7.07 (Fn. 9), Rn. 7 des Umdrucks, bislang
unveröffentlicht.
 
 
 
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