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cherten sich Russland, Schweden,
Preußen und hinzukommend Öster-
reich gegenseitig zu, die polnische
Verfassung aufrechtzuerhalten -
also keine der so dringend nötigen Re-
formen in Polen zuzulassen. Zum
„Schutz“ blieben russische Truppen im
Land.
Mit diesem Schock in den Gliedern
rafften sich nun endlich die Reform-
kräfte auf. Gegen alle Erwartung er-
wies sich König Stanislaus auch nicht
als Marionette Moskaus. Mit seiner Bil-
ligung gab sich Polen am 3. Mai 1791
eine Verfassung - noch vor der fran-
zösischen die erste niedergeschriebe-
ne Verfassung Europas! Das Liberum
Veto wurde abgeschafft, die Thronfol-
ge erblich, die Religionsfreiheit prokla-
miert und vor allem die Gewaltentei-
lung festgeschrieben. Auf dem Papier
zumindest war eine konstitutionelle
Demokratie entstanden. Gegen diese
„französische Pest an der Weichsel“,
wie Zarin Katharina die Große die Er-
eignisse nannte, schickte sie 100.000
Soldaten ins Land und okkupierte
sämtliche ostpolnischen Gebiete.
Preußen nahm sich Großpolen und
Danzig.
1793 war die zweite Teilung Polens
vollzogen. Tadeusz Kościuszko (1746-
1817), der bereits im amerikanischen
Unabhängigkeitskrieg gekämpft hatte,
errang 1794 zwar noch einen glanz-
vollen Sieg über das russische Heer,
doch war es der letzte vor der endgül-
tigen Katastrophe. Mit der dritten Tei-
lung 1795 dehnte sich Preußen bis
Warschau aus. Den Rest teilten Russ-
land und Österreich unter sich auf. Po-
len war von der Landkarte ver-
schwunden.
Der Untergang
Der letzte polnische König war Stanis-
laus II. Poniatowski (reg. 1764-95), ein
Günstling Zarin Katharinas II. der Gro-
ßen (reg. 1762-96). Bürgerkriegsähnli-
che Zustände zwischen der katholi-
schen Adelspartei, die den „Russen“
vom Thron jagen wollte, und den „Dis-
sidenten“ (den Nichtkatholiken) liefer-
ten immer wieder willkommene Vor-
wände für ein politisches und militäri-
sches Eingreifen von russischer Sei-
te. 1772 zwackte sich Russland die
überwiegend von Christlich-Orthodo-
xen besiedelten polnischen Gebiete
östlich der Düna und Weißrusslands
ab. Königlich Preußen verleibte sich
das Ermland und das teils protestanti-
sche Westpreußen ein, womit die
deutsche Landverbindung von Pom-
mern nach Ostpreußen hergestellt
war. Österreichs Kaiserin Maria The-
resia (reg. 1740-80) weinte bittere Trä-
nen um Polen und schluckte als klei-
nes Trostpflaster - „weil so viele große
und gelehrte Männer es wollen“ -
Süd- und Südostpolen. 17 7 2 hatte Po-
len insgesamt 203.000 Quadratkilo-
meter mit 4,5 Millionen Einwohnern
verloren. Die erste polnische Teilung
war vollzogen.
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