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Stadt Wolin
neta einmal in 100 Jahren am Oster-
morgen aus dem Meer wieder auftau-
chen. Prunkvoll gekleidete Kaufleute
breiten dann stumm ihre Tücher und
herrlichen Stoffe aus, hoffend, dass ein
mildtätiger Mensch sie mit einem ein-
zigen Groschen von ihrem ungnädi-
gen Schicksal erlöse.
Tatsächlich befand sich zwischen
dem 9. und 12. Jahrhundert an der
Stelle Wolins eine erstaunliche Hafen-
stadt. Man nannte sie „Jumne am sky-
thischen Sumpfmeer“ oder, nach der
Festung, welche die Wikinger 960 hier
angelegt hatten, „Jomsburg“ oder
auch „Jumneta“, was sich durch einen
Schreibfehler allmählich zu „Vimneta“
und „Vineta“ verschliff. „Jumne ist die
größte aller europäischen Städte“, be-
richtete 1074 der Chronist Adam von
Bremen. „Sie ist von Slawen, Griechen
und Barbaren bewohnt; auch sächsi-
sche Einwanderer dürfen sich nieder-
lassen, solange sie nicht dem christli-
chen Glauben nachgehen.“
Zur Missionierung dieser Heiden
rief der polnische König Bolesław Krzy-
wousty 1124 den Bamberger Bischof
Otto ins Land, und 16 Jahre später
wurde bereits das Bistum Wolin ge-
gründet. Doch immer noch fielen Wi-
kingerhorden ein, brandschatzten und
plünderten die Stadt, weshalb der Bi-
schofssitz schließlich nach Cammin
verlegt werden musste. Fortan blieb
Wolin ein verschlafenes Landstädt-
chen, das im Zweiten Weltkrieg ein
letztes Mal schwer verwüstet wurde.
Ü V/C2
Einst soll vor den Toren Wolins (Wol-
lins) die sagenhaft reiche Stadt Vine-
ta im Meer versunken sein. Größer
und schöner sei sie gewesen als Kon-
stantinopel, erzählt man sich, und ihre
hochmütigen Bewohner seien durch
den Handel mit allen Völkern der Erde
so unverschämt reich geworden, dass
sie die Löcher in ihren Hauswänden
mit Semmeln zustopften und sogar ih-
re Schweine aus goldenen Trögen fra-
ßen. Zu guter Letzt erschien ihnen
darum eine Wasserfrau, die mit böser
Stimme rief: „Vineta, Vineta, du rieke
Stadt, Vineta soll unnergahn, wieldeß
se het väl Böses dahn!“, woraufhin das
Wasser stieg und eine riesige Welle
die Stadt verschlang. Seitdem soll Vi-
Die Kirche St. Nikolai in Wolin
 
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