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ein bis zu 40 Kilometer weit reichen-
der Panoramablick.
So lässt sich am besten auch von der
Höhe aus die von Ideen des Seine-Prä-
fekten Haussmann inspirierte Stadtan-
lage in Augenschein nehmen. Tatsäch-
lich ähnelt das geräumige Rondell des
plac Grunwaldzki, von dem sternför-
mig der grüne Boulevard Papieża Jana
Pawła II. und zahlreiche weitere Stra-
ßen abgehen, dem Place de l'Étoile in
Paris. Doch stammt die Planung nicht
von Baron Haussmann persönlich, wie
manchmal geschrieben steht. Spiritus
Rector war der Berliner Stadtbaurat
James Hobrecht (1825-1902), den
Studienreisen unter anderem nach Pa-
ris führten und der auch in Stettin wirk-
te, wo er insbesondere ein modernes
Trinkwassernetz und Kanalisationssys-
tem projektierte, die ab 1870 verwirk-
licht wurden. Und so nimmt es nicht
Wunder, dass manches in Stettin -
vom Straßenraster bis zur gründerzeit-
licher Mietskasernenbebauung - nicht
nur an Paris, sondern mehr noch an
das wilhelminische Berlin erinnert. Bei-
spiele dafür sind die neugotische Kir-
che Johannes der Täufer (Kościółśw.
Jana Chrzciciela), 1888-90 erbaut,
und in der Nachbarschaft das 1893/
94 errichtete Kinderkrankenhaus süd-
lich vom plac Grunwaldzki an der ul.
Bogurodzicy.
Nahebei beschließt den Süden des
General-Anders-Parks die Kirche des
Allerheiligsten Herzen Jesu (Kościół
Najświętszego Serca Pana Jezusa), die
nach sechsjähriger Bautätigkeit 1919
fertiggestellt wurde. Sie bildet bereits
die Nordwestflanke des weiträumigen
Zwycięstwa-Platzes, an dessen West-
ende sich die 1906-09 erbaute Kirche
St. Adalbert (Kościółśw. Wojciecha)
erhebt und an dessen Ostende das ba-
rocke, reich verzierte Hafentor (Bra-
ma Portowa) steht. Früher „Berliner
Tor“ genannt, wurde es nach dem Ver-
kauf Stettins durch Schweden an Preu-
ßen im Auftrag von Friedrich Wilhelm I.
1725-29 nach Plänen des Baumeisters
G.C. von Wallrawe errichtet. Wie sein
Brudertor, das Königstor am plac Hoł-
du Pruskiego, hatte es niemals eine
praktische Aufgabe, sondern diente
ausschließlich dekorativen Zwecken
und der Huldigung des preußischen
Staatswesens, das Stettin mit Vorpom-
mern so günstig eingekauft hatte.
Südöstlich thronen unübersehbar
über dem pl. Ratuszowy der 1875-79
errichtete Backsteinbau des Neuen
„Roten“ Rathauses (Ratusz Nowy
Czerwony) und, fast am Ufer der Oder
zurück, das ebenfalls rot geklinkerte
Neorenaissance-Postgebäude von
1872. Auf dem Rückweg zum Schloss
lohnt noch ein Blick auf die 1959 über
die Oder gebaute Most Długi (Lange
Brücke) und kurz davor an der Ufer-
straße auf die Kirche St. Johannes
(Kościółśw. Jana Ewangelisty). Das
dreischiffige Gotteshaus mit schönem
Sternengewölbe und einer Barockor-
gel aus der zweiten Hälfte des 18.
Jahrhundert wurde von Bettelmön-
chen des Franziskanerordens ab 1420
errichtet. Es ist eines der wenigen alten
Bauwerke der Stadt, die die Luftangrif-
fe 1944 relativ unbeschadet überstan-
den. Die Inneneinrichtung stammt aus
den 1970er und -80er Jahren.
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