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Sitten und Bräuche
nachtsevangelium vorgelesen. Schließ-
lich kommt der große Moment: das
Teilen der geweihten Oblate. Von die-
ser bricht sich jeder ein Stückchen ab
und wünscht dabei den anderen alles
Gute. Den alten Brauch des Oblaten-
brechens pflegt beinahe noch jede Fa-
milie, unabhängig von Glauben und
Weltanschauung, als Zeichen der Lie-
be und der Versöhnung. Spätestens
jetzt werden alte Streitereien begra-
ben, erst danach werden die Geschen-
ke ausgepackt, und man setzt sich
zum Festessen.
Dieses besteht, den zwölf Aposteln
gemäß, aus zwölf Gängen. Allerdings
ohne die berühmten polnischen Weih-
nachtsgänse, die werden für die aus-
ländischen Märkte gestopft. Heilig-
abend in Polen ist fleischlos, als einzi-
ge nicht vegetarische Speise kommt,
gebraten, paniert oder auch auf jüdi-
sche Art mit Rosinen gespickt, meist
ein Karpfen als Hauptgericht auf den
Tisch. Dabei wird immer ein Gedeck
zusätzlich aufgelegt, für einen Gast,
der unvermutet noch vorbeischauen
könnte. Denn niemand soll in Polen
Heiligabend alleine sein! Unter dem
Tischtuch liegt etwas Stroh, Symbol für
das Stroh in der Krippe und gleichzei-
tig für das Glück, das man sich
wünscht.
Die feierliche Christmesse kurz vor
Mitternacht (Pasterka) beschließt für
die meisten Menschen den Heiligen
Abend.
Den ersten Weihnachtstag verbringt
man im Kreis der Familie, den zweiten
nutzt man in der Regel, um sich mit
Freunden zu treffen.
Ob streng gläubig, volksfrömmig oder
ganz und gar ungläubig, unbestritten
ist: In Polen feiert man gerne, und
neben Namenstagen, Jubiläen und ge-
setzlichen Feiertagen bietet dazu die
schönsten Gelegenheiten der traditio-
nelle Kirchenkalender.
Wie fast überall im christlichen
Abendland, wird auch in Polen mit Ein-
tritt ins neue Kirchenjahr am ersten
Adventsonntag die erste Kerze ange-
zündet. Bunte, laute Weihnachtsmärk-
te mit viel Glitter, Kitsch und Kommerz
wird man zwischen Oder und Bug da-
gegen vergeblich suchen. Es ist eine
stille Zeit der Besinnlichkeit und der
Buße, um dann mit reinem Herzen
dem Weihnachtsfest entgegenzuse-
hen. Für viele ist der Advent außerdem
Fastenzeit, wenngleich am 6. Dezem-
ber der Nikolaus (Św. Mikołaj) selbst-
verständlich auch den artigen polni-
schen Kindern die Schuhe mit Süßig-
keiten füllt.
Weihnachten
An Heiligabend (Wigilia), dem wich-
tigsten polnischen Familienfest, stehen
die Kleinen am Fenster und warten
darauf, dass der erste Stern am Him-
mel aufleuchtet. Denn dann versam-
melt sich - längst ist der Baum ge-
schmückt und das Festessen vorberei-
tet - die Familie um den Tisch, wes-
halb man Heiligabend in Polen auch
das „Sternfest“ (Gwiazdka) nennt. Es
wird gesungen, gebetet und das Weih-
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