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Landkarte fegten, zwei zu den Anhän-
gern irriger Glaubenslehren zählten:
das protestantische Preußen und das
russisch-orthodoxe Zarenreich.
Während der Teilungszeit wurde der
Mythos von Częstochowa, die wun-
dersame Errettung durch die heilige
Muttergottes, zum nationalen Erlö-
sungsversprechen. Im westeuropäi-
schen Exil vollendete Adam Mickie-
wicz 1834 sein Versdrama „Pan Ta-
deusz“ („Herr Thaddäus“), das polni-
sche Nationalepos und nach der Bibel
meistgelesene Buch Polens. Wie in
Deutschland am „Faust“ oder in Italien
an den „Promessi Sposi“, kommt in
Polen kein Oberschüler am „Pan Ta-
deusz“ vorbei. Mickiewicz erblickte in
seinem Heimatland Gottes auserwähl-
te Nation, die den Kampf zur Erlösung
der Welt führen sollte. Irgendwann,
prophezeite er, würde aus seinem
Volk ein von Gott gesandter Held her-
vorgehen und den europäischen Be-
freiungskampf anführen. In ihrem
christlichen Sendungsbewusstsein
blieben die Polen im Katholizismus
auch ohne ihr Land geeint. Der Glau-
be versetzte hier nicht Berge, sondern
ersetzte die Erde, die ihnen geraubt
worden war. Beten bedeutete Kämp-
fen, der Heimatverlust war ein Marty-
rium. Spätestens mit Mickiewicz wur-
den im 19. Jahrhundert polnischer Ka-
tholizismus, Patriotismus und Natio-
nalismus eins.
Während der deutschen Okkupa-
tion kamen im Zweiten Weltkrieg im
Widerstand 2500 Geistliche ums Le-
ben, das war ein Fünftel des gesamten
polnischen Klerus. Sie wurden ver-
folgt, auf offener Straße erschossen
oder starben in Konzentrationslagern.
In der Nachkriegszeit wurde Partei-
chef Władysław Gomułka, wohl wis-
send, dass niemand gegen die polni-
sche Kirche Staat machen konnte, in-
folge seines Versuchs, ein nationalka-
tholisch-kommunistisches Regime ein-
zurichten, von Moskau abgesetzt und
in Haft genommen. Auch Stefan Wys-
zyński (1901-81), damals Primas von
Polen, wurde 1953 verhaftet und ohne
Gerichtsurteil hinter Klostermauern
verbannt. Abermals entwickelte sich
der katholische Glaube zum Zeichen
des Widerstands. Gegen die Staats-
doktrin feierte man Messen, ließ sich
kirchlich trauen, die Kinder taufen, leb-
te nach dem katholischen Moralkodex
und demonstrierte nationalreligiöses
Brauchtum, wo es nur möglich war.
Die Wahl von Karol Wojtyła, Erzbi-
schof von Krakau, 1978 zum Papst,
verlieh der bis dahin innerbefindlichen
Glaubensopposition eine ungemeine
Dynamik und Leidenschaft. Der, der
den heiligen Namen Johannes Paul II.
annahm, war einer der wenigen in der
Papstgeschichte, der kein Italiener
war. Und dann gleich ein Pole! Der
Heilige Vater und Stellvertreter Gottes
auf Erden - ein Pole. Die Wahl Woj-
tyłas zum römischen Pontifex läutete
den Untergang des Kommunismus
nicht nur in Polen, sondern im gesam-
ten Ostblock ein. Die Werftarbeiter,
die sich 1980 hinter den Toren der
Danziger Lenin-Werft verschanzten,
stimmten neben politischen Parolen
vor allem religiöse und patriotische
Lieder an. In einer ihrer veröffentlich-
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