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Vorflutniveau, fließt das Grundwasser an der
Grundwassersohle, (untere Grenzfläche eines
Grundwasserkörpers), d.h. über der wassernicht-
leitenden Schicht, seitlich in unterirdischen Ge-
rinnen ab und tritt in Quellen zutage; es entsteht
eine nur geringmächtige wassergesättigte Zone
(auch als seichter Karst bezeichnet). Reichen je-
doch die verkarstungsfähigen Gesteine ohne
Grundwassernichtleiter unter Vorflutniveau, be-
steht ein Grundwasserabstrom direkt zum Vor-
fluter, wobei sich horizontale Höhlensysteme im
Niveau des Vorfluters bilden. Umgekehrt wird bei
(teilweiser) Auffüllung bestehender Karst-
Grundwasserleiter das Vorflutniveau angehoben,
der Karst-Grundwasserspiegel steigt an. Eine so
entstandene mächtige wassererfüllte Karstzone
wird als tiefer Karst bezeichnet.
Karst-Hohlräume haben eine wechselnde Ge-
stalt, teils hängen sie in Karstsystemen zusam-
men, teils stellen sie auch Einzelgebilde dar, die
mit benachbarten Netzen und ihrem kommuni-
zierenden Röhrensystem nicht verbunden sind.
Die geohydraulischen Systeme sind in Karstge-
steinen unübersichtlich oder sogar unverständ-
lich, wenn man an sich überschneidende Grund-
wasserfließrichtungen, wie z.B. im Zechstein-
Karst des nordwestlichen Hessens (H ÖLTING &
M ATTHEß , 1963) denkt. Grundwasserbeob-
achtungen in Karstgesteinen verleiten leicht zu
Fehlschlüssen, wenn nicht die unterschiedlichen
geohydraulischen Systeme bekannt sind. Sorgfäl-
tige und engräumig ausgeführte Untersuchungen
(Grundwasserstands- und Abflussmessungen,
Markierungsversuche) sind stets die Vorausset-
zung für eine hydrogeologische Analyse verkars-
teter, grundwasserführender Hohlräume.
Die aus Markierungs-(Tracer-)versuchen
(Abschn. 4.2.4) abgeleiteten Fließgeschwindig-
keiten sind beträchtlich. Im mittleren Teil der
Schwäbischen Alb wurden Geschwindigkeiten
von 10 bis 585 m/h ermittelt. In der gleichen Grö-
ßenordnung liegen auch die Geschwindigkeiten
in anderen untersuchten Karstgebieten (z.B.
H ÖLTING & M ATTHEß , 1963). Nur bei solchen
Fließgeschwindigkeiten sind die zeitweise sehr
starken Schüttungen von Karst-Quellen zu ver-
stehen.
Bei dem Begriff Verkarstung wird zunächst
nur an karbonatische Gesteine (vor allem Kalk-
und Dolomitgeteine) gedacht. Verkarsten kön-
nen auch andere wasserlösliche Gesteine, wie z.B.
Gips („Gips-Karst“). Die analoge Verwendung
des Begriffes Karst in anderen nahezu unlösli-
chen Gesteinen sollte unterbleiben. So wird
manchmal fälschlicherweise bei stark klaffenden
Klüften im Sandstein vom „Sandstein-Karst“ ge-
sprochen. Da die Karstklüfte in der Regel weit
klaffen, entfällt der Begriff „nutzbares Kluftvolu-
men“. Die große Öffnungsweite von Karstklüften
muss jedoch keinesfalls auch einem großen abso-
luten Kluftvolumen gleichzusetzen sein (H ÖL -
TING , 1978). Dies kann durch eine eventuell grö-
ßere Anzahl von Klüften mit kleinerer Öffnungs-
weite bedingt sein, die insgesamt ein größeres
Kluftvolumen aufweisen als eine Einzelkluft.
In Karstgebieten kann es zu einem Abfluss aus
einem oberirdischen Gewässer in das unterirdi-
sche Hohlraumsystem kommen; diesen Vorgang
nennt man Ve r s inkung .
3.2.4 Anthropogen erzeugte
Hohlräume
Seit alters her hat der Mensch für den Abbau von
Rohstoffen untertägige Hohlräume, z.B. Schächte
und Stollen, erzeugt. In jüngster Zeit kommen
Tunnel für die Wasserversorgung und den Ver-
kehrswegebau hinzu. Diese Eingriffe in die Natur
stören die unterirdischen Fließsysteme nachhal-
tig. Befinden sich mehrere unterirdische Ver-
kehrsbauten, z.B. U-Bahn-Bauten, in unmittelba-
rer Nachbarschaft, kann sich der Grundwasser-
strom an diesen Bauten aufstauen und der
Grundwasserspiegel ansteigen. Dies kann zur
Vernässung von Kellern führen. Andererseits lo-
ckert sich im Umfeld der Hohlräume der Ge-
steinsverband auf und erhöht dadurch die Ge-
birgsdurchlässigkeit. Hierdurch kann es zu
Grundwasserabsenkungen durch Querentwässe-
rung in der Umgebung, aber auch zum erhöhten
Transport von Schadstoffen kommen. Eine Wie-
derherstellung der ursprünglichen Durchlässig-
keit z.B. durch Injektionen zur Verhinderung die-
ser Querentwässerung ist nicht möglich. Dem Ef-
fekt der Querentwässerung ist bei der Beurteilung
der Auswirkung dieser unterirdischen Bauten
und bei der Modellierung Rechnung zu tragen.
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