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cker- und Grundwässern“ (M ATTHEß et al., 1997),
insbesondere weil früher die Ansicht vertreten
wurde, dass diese Stoffe in den oberen Boden-
schichten gespeichert und abgebaut werden. Dies
bestätigte sich aber in der Folgezeit keineswegs. In
dem genannten Forschungsvorhaben wurden in
9 Teilvorhaben 21 Wirkstoffe an 11 bodenkund-
lich und pflanzenbaulich repräsentativen Stand-
orten untersucht. Erwartungsgemäß zeigte sich
ein sehr unterschiedliches Verhalten der Wirk-
stoffe im Sicker- und Grundwasserbereich. Maß-
geblich für die Einsickerung sind die hydrologi-
schen Eigenschaften der Böden, wobei der Ein-
trag in allen Böden über bevorzugte Bahnen
erfolgt. In tonigen Böden spielen Schrumpfungs-
risse eine größere Rolle, die jedoch selten über
1 m Tiefe reichen. In lehmigen Böden sind
Wurmbauten und Wurzelröhren bevorzugte
Wege. Auch das Verhalten der PSM-Wirkstoffe
selbst ist im Untergrund sehr unterschiedlich.
Verlässliche und realistische Prognosen lassen
sich nur durch Säulenversuche oder (besser) Frei-
landversuche erreichen; Schüttel-(Batch-)Versu-
che im Labor sind weniger geeignet. Fazit der Un-
tersuchungen war die Forderung, den Einsatz von
PSM soweit als möglich zu minimieren und au-
ßerhalb land-/forstwirtschaftlicher und erwerbs-
gärtnerischer Flächen zu verbieten. Nachweise
von PSM-Wirkstoffen und deren Abbauproduk-
ten im Wasser von Grundwassergewinnungsge-
bieten zeigen jedoch, dass Auflagen in Trinkwas-
serschutzgebieten häufig zunächst wenig Erfolg
haben. Anwendungsverbote führen kurzfristig
noch nicht dazu, dass PSM nicht mehr im Wasser
nachzuweisen sind, da infolge temporärer Ad-
sorptionen langlebige Wirkstoffe in den Grund-
wasserleitern noch über Jahrzehnte an das Wasser
abgegeben werden können.
Die Verwendung von PSM wurde durch das
Pflanzenschutzgesetz vom 15. September 1986 in
der Fassung vom 14. Mai 1998 (BGBl 28 vom
27. Mai 1998) geregelt. Danach dürfen PSM nur
zugelassen werden, wenn sie keine „schädlichen
Auswirkungen“ auf das Grundwasser haben, wo-
bei dieser Begriff jedoch nicht definiert wurde.
Die Prüfung wird in Deutschland von der Biolo-
gischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirt-
schaft (Braunschweig-Völkenrode) vorgenom-
men, die ihre Bewertungen in laufend aktualisier-
ten Pflanzenschutzmittel-Verzeichnissen (Teil 1
bis 7) veröffentlicht 19 . In Anlehnung an die EU-
Richtlinie 80/778/EWG besteht keine schädliche
Einwirkung, wenn im Grundwasser die Höchst-
konzentration < 0,1 μg/l bleibt. Im Jahre 1999 gab
es in Deutschland 266 (in Europa 825) verschie-
dene Wirkstoffe, die in 100 (Europa ca. 20 000)
PSM enthalten sind.
Nach dem DVGW-Arbeitsblatt W101 (DVGW,
2006) gilt die Anwendung von Pflanzenschutz-
mitteln in Wasserschutzgebieten nur als tragbar,
d.h. nicht gefährlich, wenn sie grundwasser-
schonend unter Vorsorgegesichtspunkten betrie-
ben wird.
Diese Erkenntnisse haben dazu geführt, dass
die Europäische Union (EU) am 22. Dezember
2000 die Wasserrahmenrichtlinie zum Schutz der
Gewässer erlassen hat, die die Mitgliedsstaaten
veranlasst, ihre gesetzlichen Regelungen an diese
Rahmenrichtlinie anzupassen. Speziell auf das
Grundwasser zugeschnitten ist die Richtlinie der
EU zum Schutz der Grundwassers vor Ver-
schmutzung und Verschlechterung vom 12. De-
zember 2006, deren Wirksamkeit jedoch z.Zt.
noch nicht abzusehen ist.
4.7.2.3 Belastungen durch
Arzneimittelgebrauch
In den letzten Jahren werden zunehmend Arznei-
mittel im Grundwasser nachgewiesen. Es handelt
sich hierbei um Stoffe aus Human- und Veteri-
närmedizin. Die Eintragspfade sind sehr unter-
schiedlich; so werden Arzneimittel aus der Hu-
manmedizin über die Kläranlagen verbreitet.
Grund ist, dass nach der Einnahme ein Teil der
Wirkstoffe unverändert oder in Form von Meta-
boliten ausgeschieden werden. Bei der Veterinär-
medizin kann es durch Versickerung und Ab-
schwämmung zum Eintrag in das Grundwasser
kommen. Bei den gefundenen Mitteln handelt es
sich eine große Bandbreite wie z.B. schmerzlin-
dernde Mittel, Antibiotika, aber auch hormonel-
le Wirkstoffe (WHO, 2011). Obwohl bereits eini-
ge größere Forschungsprojekte durchgeführt
wurden (Z IPPEL et al., 2010; C LARA et al., 2010),
besteht weiterhin Forschungsbedarf.
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