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bewirkt, dass Sauerstoff in den Boden gelangt und die
durchschnittliche Bodentemperatur ansteigt, und trägt
so zu einer höheren Zerfallsgeschwindigkeit der organi-
schen Substanz bei. Der Verlust an organischer Sub-
stanz wird auch durch Erosion ausgelöst, bei der Ober-
boden und Humus abgeschwemmt werden. Insgesamt
erhält der Boden durch die landwirtschaftliche Nut-
zung weniger organische Substanz zurück als durch
eine natürliche Vegetation. Wurzeln liefern einen
wesentlichen Teil der organischen Substanz im Boden.
Grünland bildet tiefe Wurzeln, die sich in den unteren
Bodenschichten zersetzen. Im Gegensatz dazu entsteht
bei Waldböden die organische Substanz größtenteils
durch die Zersetzung des Materials auf der Bodenober-
fläche. Kulturpflanzen produzieren mehr oberirdische
Biomasse als Wurzeln. Der Eintrag organischer Sub-
stanz bei Anbauflächen hängt neben den Bodenbewirt-
schaftungsverfahren auch davon ab, ob Ernterück-
stände entfernt werden oder auf dem Boden verbleiben.
Die aktuellen Entwicklungen bei der Bodennutzung
und der Klimawandel haben zur Freisetzung von orga-
nischem Kohlenstoff aus dem Boden geführt, die einer
Größenordnung von 10 Prozent der Gesamtemissionen
aus fossilen Brennstoffen in Europa entspricht. Im All-
gemeinen kommen Böden mit niedrigem Gehalt an
organischem Kohlenstoff in warmen, trockenen Regio-
nen vor, Böden mit höherem organischem Kohlenstoff-
gehalt dagegen in kälteren und feuchteren Klimazonen.
Knapp die Hälfte der Böden in Europa weist einen
niedrigen organischen Kohlenstoffgehalt auf, insbeson-
dere in Südeuropa, aber auch in Regionen in Deutsch-
land, Frankreich und im Vereinigten Königreich. Ein
Rückgang des organischen Kohlenstoffgehalts im
Boden kann die Fähigkeit des Bodens beeinträchtigen,
Nährstoffe für eine nachhaltige Pflanzenproduktion zu
liefern. Die Folge können sinkende Erträge und Aus-
wirkungen auf die Ernährungssicherheit sein. Weniger
organischer Kohlenstoff bedeutet gleichzeitig weniger
Nahrung für lebende Bodenorganismen und damit
einen Rückgang der biologischen Vielfalt im Boden.
Durch den Verlust organischer Substanz im Boden
sinkt die Wasseraufnahmefähigkeit des Bodens, mit der
Folge, dass mehr Wasser abfließt und die Erosion
zunimmt. Mit der Erosion geht der Gehalt an organi-
scher Substanz zurück, weil fruchtbarer Oberboden
abgeschwemmt wird. Unter semiariden Klimabedin-
gungen kann diese Entwicklung sogar zur Wüstenbil-
dung führen.
Eine weitere wichtige Belastung europäischer Böden
ist die Verdichtung. Wenn die Bodenoberfläche mit
Druck belastet wird, kommt es zu einer Verdichtung des
Bodens. Dadurch verändern sich Bodeneigenschaften
wie Porosität und Durchlässigkeit. Die Verbindung zwi-
schen den Poren wird unterbrochen, Gas und Wasser
können schlechter transportiert werden, mit dem
Ergebnis, dass weniger Wasser und Sauerstoff zur Verfü-
gung stehen. Dies führt zu einer Beeinträchtigung des
Wurzelwachstums. Durch die Bodenverdichtung sinkt
die Fähigkeit des Bodens, Wasser zu speichern und die
Pflanzenwurzeln mit Sauerstoff zu versorgen. Böden, die
weniger Wasser speichern können, erbringen geringere
Erträge, es fließt mehr Wasser ab und damit steigt die
Erosionsgefahr. Eine nicht angepasste Bodenbewirt-
schaftung ist die Hauptursache für Bodenverdichtung.
Beispiele hierfür sind ein zu hoher Viehbesatz für eine
bestimmte Flächengröße, der nicht geeignete Einsatz
schwerer Maschinen in der Landwirtschaft und das
Pflügen auf zu nassen Feldern. Nasse Böden können der
Gewichtsbelastung nicht standhalten und dies führt zur
Verdichtung. Schätzungen gehen davon aus, dass bei
einem Drittel des Unterbodens in Europa eine hohe und
bei einem Fünftel eine mittlere Verdichtungsgefahr
besteht. Die Verdichtungsempfindlichkeit hängt von der
Bodentextur ab; sie reicht von Sand (geringste Empfind-
lichkeit), lehmigem Sand, sandigem Lehm, Lehm, toni-
gem Lehm bis hin zu lehmigem Ton (höchste Empfind-
lichkeit für natürliche Verdichtung).
Die Versalzung zählt zu den weltweit am weitesten
verbreiteten Prozessen der Bodenverschlechterung. In
Europa finden sich von einer Versalzung betroffene
Böden in Griechenland, auf der Iberischen Halbinsel, in
Italien, in Ungarn und in Rumänien. In den nordischen
Ländern kann der Winterstraßendienst mit Salzstreu-
ung zu einer lokalen Bodenversalzung führen. In der EU
sind von der Bodenversalzung schätzungsweise 1 Mil-
lion bis 3 Millionen Hektar betroffen (Abb. 2.30). Sie gilt
als eine der Hauptursachen für die Wüstenbildung und
ist daher eine ernstzunehmende Form der Bodenver-
schlechterung. Durch ansteigende Temperaturen und
sinkende Niederschläge, wie sie in den letzten Jahren für
das Klima typisch waren, verschärft sich die Problema-
tik der Versalzung in Europa.
Zu einer vermehrten Anreicherung von Salzen im
Boden kann es durch natürliche oder vom Menschen
verursachte Faktoren kommen. Umweltbedingte (natür-
liche) Faktoren, die zu Versalzung oder Sodifizierung
führen, sind die folgenden:
geologische Ereignisse, die die Salzkonzentration im
Grundwasser und folglich auch im Boden erhöhen
können
natürliche Faktoren, die stark salzhaltiges Grundwas-
ser an die Oberfläche, in oberflächennahe Schichten
oder in Bodenschichten oberhalb des Grundwasser-
spiegels befördern können
Durchsickerung von Grundwasser in Gebiete, die
unterhalb des Meeresspiegels liegen, das heißt in
Mikrosenken, aus denen wenig oder gar kein Wasser
abfließt
Wasser aus Gebieten mit geologischen Substraten, die
große Mengen an Salzen freisetzen
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