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Exkurs 2.6
Europäisches Klima als Alltagsempfindung
Wetter, Witterung und Klima sind Alltagserfahrungen. Ihre
Wahrnehmung ist geprägt von der regionalen Herkunft. Aus
diesem Grunde sollen hier drei Doktoranden der Geogra-
phie aus ganz verschiedenen Klimaregionen zu Wort kom-
men und exemplarisch beschreiben, wie sie „unser mittel-
europäisches Klima“ empfinden. Dabei treten einige
Spezifika des europäischen und deutschen Wetters deutlich
zutage, aber auch die spezifischen Prägungen der Her-
kunftsregion.
noch nie erlebt. Dafür steigen die Temperaturen in Dares-
salaam über 40 °C. Für mich beeindruckend ist auch der
plötzliche Wetterwechsel in Deutschland. Entsprechend
informiere ich mich regelmäßig über die Wettervorhersage,
um meinen Tag zu planen. Dies ist in Tansania völlig unüb-
lich, da die Witterungsentwicklung aus dem natürlichen
Ablauf sehr leicht zu bestimmen ist.
Allerdings erinnerten mich die hohen Temperaturen im
Juli und August 2010 an die Trockenzeit in Tansania. Diese
Zeit verbrachten wir im Gästehaus der Universität und nutz-
ten das erste Mal in Deutschland Ventilatoren, um uns
einigermaßen Kühlung zu verschaffen. Dies hatte ich in
Europa und in Deutschland nicht erwartet.
Das kalte Wetter, das ich erwartet hatte, hat aber nicht
nur negative Eindrücke hinterlassen. Ganz im Gegenteil: Der
Schneefall hat mich wirklich erfreut und die Kälte hilft mir,
mich auf meine Studien zu konzentrieren.“
Qi Wang aus Harbin, Nordostchina
„Ich komme aus China und bin schon seit 3 Jahren in
Deutschland. Ich promoviere über ein Klimathema und bin
daher an Klimafragen besonders interessiert. In meiner
Wahrnehmung ist das Klima in Deutschland gemäßigt und
in der Regel ohne allzu starke Temperaturschwankungen.
Die meiste Zeit lebe ich in Freiburg im Breisgau. Freiburg
liegt in einer ähnlichen Breitenlage wie die Stadt Harbin im
Nordosten Chinas, aus der ich komme. Das Klima hier in
Freiburg ist ozeanischer mit geringeren Temperaturschwan-
kungen und auch feuchter als in Harbin. Freiburg hat wär-
mere und feuchtere Winter und kühlere und regnerischere
Sommer. Die Sommer sind angenehm. Regenfälle sind
recht häufig, aber nicht zu lang. Frühling und Herbst sind
ausgeprägter und dauern länger an als in Harbin. Was mir
besonders gefällt, ist der goldene Oktober hier in Freiburg,
was mir zusetzt, ist der wechselhafte April mit seiner star-
ken Veränderlichkeit.“
Ghazi Al Dyab aus Damaskus, Syrien
„In Syrien hat man die Vorstellung, dass das mitteleuropäi-
sche Klima im Allgemeinen kalt ist. Entsprechendes fand
ich auch bestätigt, als ich Ende Oktober 2001 nach Freiburg
kam. Der Herbst war kalt und die Kälte verstärkte sich im
Winter. Im Sommer stiegen die Temperaturen erstaunli-
cherweise auf ein Niveau wie in manchen Gebieten Syriens,
was ich als ungewöhnlich empfand. Für mich war es be-
sonders interessant zu beobachten, dass die Deutschen im
Sommer ihre Regenkleidung meist mit sich tragen, aber
auch ihre Sonnenbrillen. Man weiß nie, was man anziehen
muss. Es kann regnen, trocken bleiben oder heiß werden,
alles ist möglich. Die Deutschen sprechen von schlechtem
Wetter, wenn es wechselhaft ist. Im Herbst und Frühling
kann man die Wechselhaftigkeit des Wetters wirklich spü-
ren; etwas, was ich selbst so in Syrien nicht erlebt habe.“
Emmanuel Munishi aus Moshi, Tansania
„Wetter und Klima hier unterschieden sich völlig von dem in
Tansania. In Tansania haben wir nur zwei Jahreszeiten.
Europa und Deutschland sind extrem kalt. Schnee ist eine
völlig neue Erfahrung für mich. Ich habe ihn in Tansania
In Mitteleuropa begann man den Landbau zu erfor-
schen. Infolge der an Futtermangel verstorbenen Pferde
wurden die Grundlagen zur Entwicklung des Fahrrades
gelegt, und in Irland begannen mit einer Serie von Kar-
toffelmissernten Mitte des 19. Jahrhunderts die großen
Auswanderungswellen nach Amerika. Dort wiederum
bewogen die Missernten viele, sich auf den Weg nach
Westen zu machen, um dort bessere Lebensbedingun-
gen zu suchen.
Der moderne Klimawandel fügt der Stimulierung
kultureller Leistungen einen völlig neuen Aspekt hinzu.
So setzte sich erst in der jüngsten Geschichte die Über-
zeugung durch, dass nicht nur die klimatische Ausge-
staltung des Raumes Kultur und Menschen prägt, son-
dern umgekehrt auch der Mensch Raum und vor allem
Klima verändert. Innovationen und Anpassungen sind
heute wichtiger denn je, wenn nicht nur die „Erste Welt“
die Folgen des Klimawandels unbeschadet überstehen
soll.
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