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Die „gemäßigten Breiten“ - Europa
klimatisch
Rüdiger Glaser, Johannes Schönbein
und Qi Wang
bekannt. Ebenso aus der Alltagserfahrung hinlänglich
bekannt, beeinflusst die Höhenlage die klimatische Aus-
gestaltung. Ein weiteres Charakteristikum wirkt sich sig-
nifikant aus: Als „westlicher Ableger Asiens“ ist Europa
vom Meer umgeben und trägt damit eine stark ozeani-
sche Komponente.
Im System der planetarischen Zirkulation der Atmo-
sphäre liegt Europa ganzjährig im Grenzgebiet polarer
Kaltluft und tropisch warmer Luftmassen. Die klimati-
schen Charakteristika der herangeführten Luftmassen
werden in hohem Maße von deren Ursprungsgebiet
bestimmt. Somit kommt im Falle Europas dem Zustand
des Nordatlantiks für die Ausgestaltung des europä-
ischen Klimas eine herausragende Bedeutung zu. Zum
einen mäßigt die hohe Wärmekapazität des Wassers
thermische Extreme, zum anderen beeinflusst der Nord-
atlantikstrom, die nördliche Fortsetzung des Golfstroms
mit den von ihm herangeführten warmen Wassermas-
sen, die Oberflächentemperatur des Nordatlantiks vor
den Küsten Westeuropas maßgeblich und sorgt damit
vor allem in den nördlichen Teilen Europas für eine ver-
gleichsweise milde Witterung. Der Klimaeinfluss der
Meere wird jedoch mit der Entfernung zugunsten einer
zunehmenden Kontinentalität kontinuierlich geringer.
Modifiziert wird dieses Muster von den höher aufragen-
den Gebirgszügen.
Zwischen dem subtropisch, mediterran geprägten
Süden Europas, dem stark maritim geprägten Westen
und Nordwesten, dem hoch kontinentalen äußersten
Osten und dem subpolaren Norden Europas differen-
ziert sich das Klima des Subkontinents in zwölf unter-
schiedliche Klimazonen (Abb. 2.16). Auf der Karte der
Klimazonen zeichnet sich der Einfluss der Westwinde
und des Nordatlantiks auf das europäische Klima deut-
lich ab. Auf identischer geographischer Breite, auf der
sich am westlichen Ufer des Atlantiks ganzjährig kalte
Schneeklimate finden lassen, herrscht in Europa warm-
gemäßigtes Klima. Mit zunehmender östlicher Länge
nimmt der Einfluss jedoch sichtbar ab und weicht einer
kontinentalen Überprägung.
Die Klischees wissen es: In Spanien scheint die Sonne so
stark, dass ohne Sombrero und Siesta ein tägliches Über-
leben allenthalben unwahrscheinlich ist. In England
hingegen regnet es ohne Unterlass. Temperaturen, die
nennenswert über dem Gefrierpunkt liegen, finden sich
in Skandinavien höchstens innerhalb einer Sauna und
die Märchenfigur des „Väterchen Frost“ stammt ja nun
tatsächlich aus Russland. In Mitteleuropa beschert uns
der allmähliche Übergang vom Tag in die Nacht den
„Dämmerschoppen“, und der Winteranfang wird
dadurch unterstrichen, dass in der Eisdiele der Wahl die
Lebkuchenverkäufer einziehen. Dabei übertreiben diese
Aussagen wohl in ihrer Ausschließlichkeit, beschreiben
jedoch die Vielgestaltigkeit des europäischen Klimas,
welches neben diversen Klischees auch real existierende
Gepflogenheiten und Bräuche induzierte.
Das Europäische Klima und die Facetten
seiner Witterung
Zwischen dem Cabo da Roca in der Nähe Lissabons im
Westen bei 9°30' W und der Mündung des Ob in die
Karasee bei 68° E sowie zwischen Gibraltar bei 36° S
und bis zum Nordkap auf 71°10' N erstreckt sich der
europäische Subkontinent auf etwa 5570 Kilometern
von West nach Ost und etwa 3900 Kilometern von
Süden nach Norden sowie zwischen 28 Metern unter
dem Meeresspiegel an der Küste des Kaspischen Meeres
bis hinauf zum Gipfel des Elbrus im Kaukasus in
5642 Meter Höhe.
Verbunden mit der Erstreckung zwischen Subtropen
und den Polargebieten bedingt bereits die jahreszeitlich
unterschiedliche Sonnenscheindauer und -höhe eine
augenfällige klimatische Differenzierung des europä-
ischen Subkontinents. So variiert die Tageslänge im
Hochsommer zwischen Mitternachtssonne nördlich des
Polarkreises und 14,5 Stunden in Südeuropa. Zur Win-
tersonnenwende hingegen herrscht im hohen Norden
Europas die Polarnacht und auch in Südeuropa scheint
die Sonne höchstens 9,75 Stunden pro Tag. In gleichem
Maße variiert die mittägliche Sonnenhöhe. Steht zur
Sommersonnenwende die Sonne am Nordkap nur 42°
über dem Horizont, so steht sie zur gleichen Zeit in Süd-
europa mit 77° sehr hoch am Himmel. Zur Winterson-
nenwende jedoch beträgt die Sonnenhöhe auch in Süd-
europa nur noch gut 30°. Diese breitenkreisbezogene
Differenzierung der Erdoberfläche ist in den Geowissen-
schaften als zonaler bzw. planetarischer Formenwandel
Lage, Relief und die Ausdehnung Europas
bedingen „Wind und Wetter“
Rund um das Mittelmeer
Der Süden Europas ist im Sommer überwiegend durch
das Azorenhoch geprägt, welches dem mediterranen
Raum vornehmlich autochthone Witterung mit strah-
lungsreichem, beständigem und niederschlagsarmem
Klima in der sommerlichen Jahreshälfte beschert. Der
umgangssprachlich bekannte Begriff des Teutonengrills
nimmt auf die gute Eignung einer solchen Witterung für
sommerliche Badeferien Bezug. Durch nur selten in den
mediterranen Raum vordringende Frontenstörungen
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