Geography Reference
In-Depth Information
Ökologische Aspekte
durch Preisdumping, Zollschranken für den europä-
ischen Markt und Subvention europäischer Agrargüter
die Existenz entzogen wird, werden auf der anderen
Seite oftmals ähnlichen Ländern Entwicklungsgelder
gezahlt.
Neben den Auswirkungen auf die Ernährungssicher-
heit der Bevölkerung hat diese Politik auch ökologische
Konsequenzen. Denn durch die Subventionen in Europa
werden die Preise für viele Agrarprodukte so gedrückt,
dass sich nur noch kapitalintensive Anbaumethoden auf
dem Weltmarkt rentieren. Eine Folge davon ist die zu-
nehmende Verdrängung von Subsistenzlandwirtschaft
und eine Zunahme industrieller Produktionsverfahren,
die oftmals nicht an die lokalen Boden- und Klimaver-
hältnisse angepasst sind und entsprechend zu einer Zer-
störung der ökologischen Grundlagen führen. Daneben
führt die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit einheimi-
scher Landwirte oftmals zu einem verstärkten Anbau
sogenannter cash crops , was für die Landwirte in vielen
Fällen mit einer verstärkten Vulnerabilität gegenüber
Schwankungen von Weltmarktpreisen einhergeht und
zu einer wachsenden Abhängigkeit von Lebensmittelim-
porten führt. Darüber hinaus erfordern viele cash crops
auch den Einsatz umweltschädlicher Dünge- und Pflan-
zenschutzmittel oder großer Mengen an Wasser (Sachs
& Santarius 2006).
Die Endlichkeit der Schlüsselressourcen der Menschheit
hat seit den späten 1980er-Jahren die Diskussion um
Nachhaltigkeit ( sustainability ) unserer wirtschaftlichen
Entwicklungspfade ausgelöst. „Nachhaltig“ bedeutet im
Kontext von Ressourcen die Forderung nach einer Nut-
zung, welche so gestaltet ist, dass unseren Kindern und
Kindeskindern noch dieselben Nutzungsoptionen blei-
ben wie unserer Generation. Derzeit wird hier vor allem
das drängende Problem gesehen, die Nutzung fossiler
Kohlenwasserstoffe (insbesondere Erdöl) durch erneu-
erbare Energien zu ersetzen, nicht nur aufgrund zu Ende
gehender Vorräte, sondern auch, um damit endlich zu
einer Reduzierung der CO 2 -Emissionen zu gelangen.
Ökonomische und finanzwirtschaftliche
Aspekte
Natürliche Ressourcen sind auf der Erde sehr ungleich
verteilt. Hieraus ergibt sich ein gigantischer Rohstoff-
handel. Rohstoffe stellen mehr als ein Drittel aller Güter
im Welthandel. Sie werden weltweit bezogen, man spricht
von global sourcing . Die Europäische Union ist diejenige
Großregion der Erde, die verhältnismäßig wenig Roh-
stoffe produziert, aber sehr viel verbraucht. In die EU
kommen Agrarprodukte und mineralische Rohstoffe
aus Nordamerika und vor allem aus Südamerika. Brasi-
lien ist einer der weltweit wichtigsten Produzenten für
Eisenerze, Chile für Kupfer. Energierohstoffe wie Gas
stammen zu einem erheblichen Teil aus Russland, viel
mehr als aus den Ländern des Vorderen Orients.
Organisiert wird der Handel mit Rohstoffen der
Exportwirtschaft fast ausschließlich über Rohstoffbör-
sen, insbesondere Warenterminbörsen. Für Investoren,
institutionelle Akteure und inzwischen auch private
Sparer ist die Geldanlage in Rohstoffen mittlerweile ein
wichtiges Anlageinstrument geworden, nach dem Plat-
zen der Spekulationsblasen am New Market um 2000
und an den Finanzmärkten 2008 bildet sich inzwischen
eine „Rohstoffblase“. Die Preisbildung für gängige Roh-
stoffe erfolgt hauptsächlich an den großen Warenter-
minbörsen Nordamerikas, Europas und Asiens in Form
von futures- Kontrakten. Hierin werden die Rahmenbe-
dingungen des Termingeschäfts (Liefertermin, Rohstoff-
mengen und Lieferort) festgelegt. Das öffnet natürlich
der Spekulation Tür und Tor. An den heutigen Rohstoff-
börsen sind Derivate eher gefragt als physische Waren.
Es wird nicht der Rohstoff selbst gekauft, sondern ein
entsprechender Terminkontrakt. Diesen muss der Anle-
ger rechtzeitig vor Fälligkeit wieder verkaufen, um nicht
mit (ungewollten) physischen Rohstoffen beliefert zu
werden.
Von natürlicher Knappheit der Roh-
stoffe zu struktureller Knappheit
Hans Gebhardt
Seit einigen Jahren wird die Ressourcenfrage in der Wis-
senschaft stärker in einem politisch-geographischen
Kontext diskutiert, das heißt, es geht zwar auch noch um
die Endlichkeit von Schlüsselressourcen der Industrie-
gesellschaft bei potenziell unendlichem Bedarf, aber
auch verstärkt um die ökonomischen und politischen
Schlüsselakteure, welche als gatekeeper der globalen
Ökonomie über die entsprechenden Machtressourcen
verfügen, Nutzungsrechte durchzusetzen oder aber zu
verhindern. Man nimmt weniger natürliche Knappheit,
das heißt geringe verfügbare Vorräte und Reserven, in
den Blick als vielmehr strukturelle Knappheiten, also
Zugangsbeschränkungen zu Ressourcen als Folge eines
Ungleichgewichts der Verteilung von Wohlstand und
Macht. Es geht vermehrt auch um die ökonomischen
Steuerungsmechanismen über Rohstoffbörsen und die
Beziehungen zwischen Finanz- und Rohstoffströmen
und es geht um die medialen Diskurse, mit denen Poli-
tik gemacht wird. In etwas vereinfachter Sicht lassen sich
die im Folgenden beschriebenen dimensions of global
sourcing unterscheiden.
Search WWH ::




Custom Search