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den Welthandel des 19. Jahrhunderts. Diese Plantagen-
gesellschaften waren, in dependenztheoretischer Sicht,
letztlich ausgelagerte europäische Produktionskomple-
xe, ökonomische Außenstellen der Imperien des Mer-
kantilismus - wie Darcy Ribeiro sagt -, die tropische
Monokulturgüter erzeugten und den Metropolen der
Kolonialmächte anzuliefern hatten (Sandner & Steger
1973). Europa unterhielt in den Plantagengesellschaften
gewissermaßen ein „externes Proletariat“, „eine quasi
kostenlose und als subhuman angesehene Energie-
quelle“ (ebd.).
1600-1857: nordwesteuropäische Phase
- niederländische und britische
Territorialherrschaft in Asien
Nach ihrer Loslösung von Spanien bauten die Nieder-
lande seit 1600 auf Java ein Kolonialreich im Stil der
Portugiesen auf. Verwaltungszentrum war Batavia, das
heutige Jakarta. Über Batavia waren die Gewürzinseln,
China und Japan, aber auch Indien lange Zeit mit
Europa verbunden. Haupthandelsgüter waren Gewürze,
insbesondere der wertvolle Pfeffer und Zimt aus Sri
Lanka. In einer zweiten Phase spielten Textilien die
wichtigste Rolle und schließlich rückten die für Europa
neuen Heißgetränke Kaffee und Tee an führende Stelle.
Seit dem 18. Jahrhundert rückte Großbritannien als
Global Player in den Vordergrund. Das Land konnte die
in der Neuen Welt entstandenen Verluste (Unabhängig-
keitserklärung der USA) in Asien kompensieren und
stieg nach 1800 zur beherrschenden Kolonialmacht der
Welt auf. Großbritannien besiedelte ab 1788 Australien,
zunächst als Sträflingskolonie, und ab 1840 Neuseeland.
Beide Großregionen wurden dauerhaft europäisch be-
siedelt und sind bis heute Teil des British Commonwealth
of Nations .
Die wichtigste koloniale Neubildung der Epoche war
aber der Ausbau der britischen Position in Indien. Die
britische East India Company hatte zunächst von Hafen-
stützpunkten aus Handel betrieben und sich erst lang-
sam immer mehr in die indische Innenpolitik einge-
mischt. Großbritannien hatte, anders als Spanien in der
Neuen Welt, in Indien weder Eroberungs- noch Missio-
nierungspläne. Gleichwohl entwickelte sich Großbri-
tannien seit 1818 zunehmend zur paramount power , zur
unbestrittenen politischen und wirtschaftlichen Vor-
macht auf dem indischen Subkontinent, wobei zu-
nächst die East India Company eine Doppelrolle als Ge-
schäftsunternehmen und Quasi-Staatsmacht spielte. Zu
ihren Aufgaben gehörte die Sicherung eines effektiven
Handelsmonopols, aber auch militärische Dominanz
und Entwaffnung der jeweiligen unterlegenen einheimi-
schen Mächte sowie Sicherung der Steuereinnahmen
und Aufbau einer bürokratischen Verwaltung. Indien
Abb. 8.1 Portugiesische Architektur in Salvador (Brasilien):
Das Zentrum der brasilianischen Stadt Salvador ist bis heute
durch die portugiesische Kolonialarchitektur geprägt (Foto:
Hans Gebhardt).
etwa 1570 wurden die spanischen und portugiesischen
Kolonien sukzessive besiedelt.
Die politische bzw. territoriale Expansion in Süd-
amerika im 17. Jahrhundert war vor allem von ökono-
mischen Antrieben bestimmt. Die kolonisierten Gebiete
wurden als Exportproduzenten in interkontinentale
Handelsstrukturen eingebunden und Amerika wurde
zur ersten Peripherie der European World Economy , also
zu einem Ergänzungsraum, dem arbeitsteilig die Funk-
tion der Erzeugung von Edelmetallen und tropischen
Agrargütern zufiel. Aus Süd- und Mittelamerika sowie
besonders dem Karibischen Raum kamen die tropischen
Plantagenprodukte (insbesondere Rohrzucker) bzw. die
wertvollen Rohstoffe (Silber aus Potosí). Die unfreien
Arbeitskräfte, also versklavte schwarze Importarbeiter
kamen aus dem tropischen Afrika, und sie stellten Pro-
dukte ausschließlich für den europäischen Markt her.
Diese tropische Plantagenwirtschaft ausschließlich
für den europäischen Markt wurde nach der Ablösung
der Spanier und Portugiesen als dominierende Kolonial-
mächte von Holländern, Engländern und Franzosen
weitergeführt. Überall wurden Zuckerrohrplantagen an-
gelegt. Bis 1700 waren ungefähr 450 000 Afrikaner in
die Karibik deportiert worden, gleichzeitig 600 000
nach Brasilien. Im 18. Jahrhundert wurden die briti-
schen, französischen und holländischen Karibikinseln
zu den weltweit größten Sklavenimporteuren (geschätzt
3,3 Millionen Menschen). Durch Sklaven in Mittel- und
Südamerika produzierte Kolonialwaren
dominierten
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