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Korridor“ als Raumentwicklungsband Mitteleuropas
konzipiert wird. Strittig ist heute indes, ob die Fernhan-
delsstraßen im Zeichen der annähernden Ubiquität der
Infrastrukturversorgung in Kerneuropa und der infor-
mationstechnischen „Einebnung“ des Raums durch das
Internet noch diese zentrale Bedeutung für die Raum-
entwicklung und damit für die Geographie Europas
haben. Ungeachtet dessen findet die Idee des großräu-
migen Korridors, etwa im Netzwerk der großen Verdich-
tungsräume (Metropolen) oder in der Politik der Trans-
europäischen Netze (TEN), weiterhin entsprechende
Beachtung. Die TEN wurden auf europäischer Ebene
konzipiert und sollten ursprünglich bis 2010 schritt-
weise realisiert werden. Finanzierung, Planungs- und
Umweltfragen gestalten sich jedoch auf den verschiede-
nen politischen Maßstabsebenen außerordentlich kom-
plex und strittig.
wegten. Diese wurde ab Ende des 18. Jahrhunderts
weiterentwickelt, Menschen- und Pferdekraft sollten
durch die Dampfmaschine ersetzt werden, die ja zuvor
auch schon als Energielieferant andere Wirtschafts-
zweige revolutioniert hatte. Es gestaltete sich als hohe
technische Herausforderung, einen sich selbst bewegen-
den Dampfmaschinenwagen zu konstruieren. Durch
das riesige Gewicht wurde es auch notwendig, die Holz-
schienen durch Eisenschienen zu ersetzen. Ab 1776
wurden in England verschiedene Eisen-Rad-Systeme
für Grubenbahnen entwickelt. Die weltweit erste Eisen-
bahn war somit eine Grubenbahn: Sie verkehrte ab
1825 zwischen Stockton und Darlington. Damit wur-
den gleichzeitig Normen geschaffen, wie das Schiene-
Rad-System und die Spurweite von 1422,5 Millimeter,
welche lediglich nochmals minimal auf 1435 Millime-
ter korrigiert wurde, den heute noch immer gültigen
Standard (sog. Normalspur). Auch ein Name war ge-
funden: Diese Grubenbahn hieß locomotion (Fortbewe-
gung). Die erste Eisenbahn ohne Grubenbezug wurde
dann 1829 zwischen Manchester und Liverpool, nun
auch zur Personenbeförderung, eingeweiht (Bärtschi
1999, Roth 2005). Durch die Inbetriebnahme weiterer
Strecken kam es zu einem erneuten Schub der Indus-
trialisierung, konnten doch nun Waren und Personen
wesentlich kostengünstiger, schneller und zuverlässiger
transportiert werden.
In Deutschland dagegen setzte die Industrialisierung
erst etwa 1835 ein und damit stand am Beginn der Ent-
wicklung hier schon die Nutzung der Eisenbahn (die
erste Eisenbahnlinie Deutschlands zwischen Nürnberg
und Fürth wurde 1835 eingeweiht). Allerdings war zu
dieser Zeit weder die deutsche Stahlindustrie in der
Lage, Stahl entsprechender Qualität zu liefern, noch die
Maschinenbauindustrie, die benötigten Dampflokomo-
tiven herzustellen. So wurden in den ersten Jahren Stahl,
Eisenmaterialien und Dampflokomotiven vorwiegend
aus England eingeführt. Beispielsweise stammten von
den 42 sich 1841 in Betrieb befindlichen Lokomotiven
der preußischen Eisenbahnen 40 aus England und zwei
aus Belgien (Fremdling 1975). Die hohe Binnennach-
frage barg für die deutsche Stahl- und Maschinenindus-
trie einen hohen Anreiz zur qualitativen und quantitati-
ven Weiterentwicklung ihrer Produktion. Sie begann
mit dem Lokomotivenbau, gefolgt von der Eisenverar-
beitung und griff später auf die Eisenerzeugung über
(Fremdling 1975). Damit wurde in Deutschland letztlich
die Eisenbahn zu einem Beschleuniger der Industriali-
sierung. Die Metallindustrie wurde hier zur Schlüsselin-
dustrie des Aufschwungs.
Überraschend für die Investoren aber war der große
Erfolg des neuen Verkehrsmittels vor allem im Perso-
nenverkehr. So wurden auf der 1840 neu gebauten Stre-
cke von München nach Augsburg nur ein Jahr später
31 622 Passagiere gezählt, zwei Jahre zuvor waren mit
Die Revolution des Schienenverkehrs
während der Industrialisierung
Cordula Neiberger
Über viele Jahrhunderte war das europäische Verkehrs-
system durch den Straßenverkehr geprägt. Dieser verlief
auf gar nicht bis wenig befestigten Straßen und mithilfe
von Pferdefuhrwerken. Durch die schlechten, vom Wet-
ter abhängigen Straßenverhältnisse und die einge-
schränkte Leistungsfähigkeit der Pferde waren der Per-
sonen- und Warenverkehr langsam, unpünktlich und
teuer. Mit der einsetzenden Industrialisierung traten
diese Probleme verschärft zutage: Die Arbeitsteilung
nahm zu und damit stieg das Handelsvolumen von Vor-
und Endprodukten, gleichzeitig erweiterte sich die
Reichweite des Handels. Damit wurden die Kosten des
Transportes zu einem entscheidenden Wettbewerbsfak-
tor, abgelegene Regionen drohten von der industriellen
Entwicklung abgekoppelt zu werden.
In England setzte die Industrialisierung schon in der
zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ein, getragen von
wichtigen Erfindungen, wie der Dampfmaschine, der
Spinnmaschine, dem Maschinenwebstuhl und neuen
technischen Verfahren der Eisenerzeugung. Somit wur-
den die Textilindustrie und in ihrer Folge die Maschi-
nenbauindustrie und Eisenerzeugung zu den führenden
Branchen der Entwicklung (Hennig 1973).
Auch die Entwicklung der Eisenbahn war nur durch
eine Vielzahl von Innovationen möglich, welche erst
gegen Ende dieser ersten Industrialisierungsphase in
England zur Produktionsreife fanden. So hatten Eisen-
bahnen schon einen sehr frühen Vorläufer: Seit dem
Spätmittelalter sind Grubenbahnen bekannt, bei denen
Zugtiere oder Menschen Loren auf Holzschienen be-
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