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Verbreitung gesamt
Verkauf gesamt
Abb. 7.16 Auflagenentwicklung der
Zeitschrift „Landlust“: Ein Indiz für die
neue Sehnsucht nach dem „heilen und
entschleunigenden Ländlichen“?
(Daten: VDZ Auflagendienst).
0
150 000
300 000
450 000
600 000
750 000
900 000
Auflage
gen, aufs Land zu ziehen. Deutlich wird jenes Interesse
am Ländlichen überdies am europaweiten Erfolg einer
Reihe von Zeitschriften über die neue Liebe zum Land
(Abb. 7.16). In diesen Zeitschriften wird ein alteuropäi-
sches Idyll des handwerklichen Lebens auf dem Land
verbreitet, das keine signifikante Fundierung in realen
Arbeits- und Lebensverhältnissen erfährt oder je erfah-
ren hat. Hier spiegelt sich eine Sehnsucht nach retardie-
renden und entschleunigenden Momenten der gesell-
schaftlichen Organisation wider, die nicht selten als
konträres Anderes zur beschleunigten technologisch-
urbanen Gesellschaft figuriert wird: Ihr wird ein Ideal
der ländlichen Einfachheit, Übersichtlichkeit und der
beruhigenden Weiten gegenüberstellt. Allerdings um-
fasst diese Figur nicht nur die nostalgisierende Sehn-
sucht nach der heilen Welt durch die weitgehend gut
situierte Mittelschicht. Ebenso ist das leere, ruhige und
ermöglichende Land auch zentraler Teil der Program-
matik alternativer politischer Bewegungen (sichtbar
beispielsweise in den Landkommunen Svanholm in
Dänemark oder Damanhur im italienischen Piemont).
Es ist somit Teil der Logik von Raumpionieren, die
gerade dort - im ruhigen und leeren Ländlichen - die
Möglichkeit zum Vollzug anderer Lebensentwürfe
sehen. Für diese Gruppen stellt gerade die infrastruktu-
relle Unterversorgung und die Herausforderung einer
wachsenden „Leere“ als Ort der Einsamkeit einen Mög-
lichkeitsraum dar, das Land neu für sich zu entdecken
und oftmals ungestört gestalten zu können, um inspirie-
rende Atmosphären zu entwickeln (Redepenning 2010;
Abb. 7.17).
Figur des profillosen und
verschwindenden Ländlichen
Während die zuvor erörterte Figur des Ländlichen gera-
dezu auf eine Reaktivierung der klassischen Stadt-Land-
Unterscheidung setzt, lässt sich zeitgleich eine Figur
erkennen, in der Stadt und Land eine Symbiose einge-
Abb. 7.17 Schloss Kannawurf als „Künstlerhaus Thüringen“:
ländliche Abgeschiedenheit, Leere und Leerstand als Voraus-
setzung, neue Möglichkeitsräume zu schaffen, die ruhige und
spartanische Arbeitsatmosphären bieten (Foto: Marc Redepen-
ning).
 
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