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Abb. 7.15 Mobiler Lebensmittelladen
im thüringischen Berteroda. In vielen
ländlichen Siedlungen wird die Grund-
versorgung der Bevölkerung nur noch
durch mobile Dienstleister gewährleis-
tet (Foto: Birte Nienaber).
lichen Raum begegnen. Des Weiteren finden sich zuneh-
mend Aufgaben des Katastrophenschutzes in den Hän-
den der lokalen Bürger. Neben der Freiwilligen Feuer-
wehr entstehen auch weitere Bürgervereine, die
beispielsweise den lokalen Hochwasserschutz im länd-
lichen Raum koordinieren.
Bestimmung widersetzt und sich als komplexe und vari-
antenreiche Formel zur Beschreibung der Verbindung
von Gesellschaft und Raum entpuppt, die in immer
neuen Variationen aufscheint. Die dabei erzeugten
Ländlichkeiten lösen sich mehr und mehr von den
materiellen Strukturen heutiger ländlicher Räume ab.
So gilt es zur Kenntnis zu nehmen, dass Ländliches nicht
nur „auf dem Land“ stattfindet, sondern sich etwa in
der Stärkung nachbarschaftlicher Beziehungen in Stadt-
entwicklungspolitiken manifestiert, in Form urbaner
Hochhausgewächshäuser auftaucht (z. B. das Plantagon-
Projekt in Schweden) oder in den Innenarchitekturen
urbaner Einkaufszentren präsentiert wird.
In diesem Sinne ist die Neue Ländlichkeit durch eine
Vielzahl unterschiedlicher Bedeutungen des Ländlichen
konstituiert, die nicht selten zueinander widersprüch-
lich und unterschiedlich machtvoll sind (Urbain 2002).
Die im Einzelnen kaum noch aufzählbaren Konstella-
tionen des Ländlichen lassen sich zu drei Figuren ord-
nen.
Neue Ländlichkeit
Marc Redepenning
Unter dem Schlagwort der „Neuen Ländlichkeit“ kon-
zentriert sich eine Vielfalt von Zugängen zum Länd-
lichen. Sie blicken sowohl auf die in der Gesellschaft
kommunizierten Vorstellungen des Ländlichen wie auf
deren baulich-materielle Umsetzung an konkreten, aber
nicht ausschließlich „klassisch“ ländlichen Orten. Sie
betonen demnach die materielle wie die imaginative
Ebene der Geographien des Ländlichen (Cloke 2006).
Kennzeichnend ist die Annahme, dass sich die empirisch
beobachtbaren Facetten von Ländlichkeit ( rurality )
nicht umfassend untersuchen lassen, wenn allein auf die
sogenannten ländlichen Räume und die in ihnen behei-
mateten sozialen und ökologischen Prozesse und Dyna-
miken geschaut wird. Stattdessen wird das Augenmerk
auf das Bedeutungsgeflecht gelegt, in welchem be-
stimmte Personen, Räume und andere Objekte als länd-
lich bezeichnet werden (Halfacree 2009). Damit wird
das Ländliche in seinen Bedeutungen verflüssigt, wes-
halb zahlreiche Autoren auch von der sogenannten Post-
Ruralität sprechen (Murdoch & Pratt 1993): ein Phäno-
men, das sich einer klaren und endgültig schließenden
Figur des leeren, ruhigen und
ermöglichenden Ländlichen
Hierunter lassen sich die in zahlreichen europäischen
Ländern beobachtbaren Beschreibungen subsumieren,
die auf ein oftmals aufwendig in Szene gesetztes neues
Interesse am Ländlichen als Lebens-, Wohn- und
Arbeitsort verweisen. Im französischen Limoges ist die-
ses Interesse im Rahmen einer zweijährig stattfindenden
Foire à l'installation en milieu rural institutionalisiert -
eine Informationsmesse für Menschen, die beabsichti-
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