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Spätaussiedler
450 000
400 000
350 000
sonstige Länder
Polen
ehem. Sowjetunion
Rumänien
300 000
250 000
200 000
150 000
100 000
Abb. 6.19 Zuwanderung von (Spät-)
Aussiedlern nach Deutschland in den
Jahren 1985-2010 (verändert nach:
Bundesamt für Migration und Flücht-
linge 2011, auf Basis von Zahlen des
Bundesverwaltungsamts).
50 000
0
Mitte der 1980er-Jahre waren die Zahlen der „Aussied-
ler“, die in die BRD einwanderten, jährlich gestiegen, bis
auf den Höchststand von fast 400 000 im Jahr 1990. Der
starke Rückgang der Auswanderung in den Folgejahren
war hauptsächlich das Ergebnis politischer Maßnah-
men: Verträge mit den Herkunftsländern sollten die
Situation der Minderheiten verbessern - auch mit finan-
zieller Unterstützung aus Deutschland; außerdem wur-
den ab 1993 strengere Anerkennungskriterien für den
„Aussiedler“- bzw. „Spätaussiedler“-Status und eine
jährliche Obergrenze der Anerkennungen eingeführt
(Bade 2000; Abb. 6.19).
Nicht nur für ethnische Minderheiten, auch für
andere Migranten schlossen sich die Grenzen Anfang
der 1990er-Jahre nach einer kurzen Phase der Öffnung
wieder stärker. Das Asylrecht in Deutschland, der
Schweiz und Österreich - den Hauptzielländern der
Zuwanderung - wurde erheblich verschärft und die
meisten Länder Ost- und Ostmitteleuropas wurden als
„sichere Herkunftsländer“ deklariert (Fassmann &
Münz 2000). Diese Maßnahmen sollten die sogenannte
„Asylkrise“ beenden. Seit den späten 1980er-Jahren
waren die Zahlen von Asylsuchenden in den westeuro-
päischen Ländern stark angestiegen, was besonders in
Deutschland eine sehr emotionalisierte öffentliche
Debatte ausgelöst hatte. Hier kam es Anfang der 1990er-
Jahre auch zu rassistischen Anschlägen auf Asylbewer-
berheime und Wohnhäuser von Migranten. Die Refor-
men des deutschen Asyl- und Zuwanderungsrechts
wirkten sich auf die Politik weiterer europäischer Staa-
ten aus, die ihr Asylrecht ebenfalls verschärften (Bade
2000).
Während der 1990er-Jahre setzten sich die großen
Flüchtlingswanderungen in und aus den Ländern „Ost-
europas“ fort. Der Zerfall von Jugoslawien und die
dadurch ausgelösten Bürgerkriege, Vertreibungen und
„ethnischen Säuberungen“ in Kroatien, Bosnien und
schließlich im Kosovo Ende der 1990er-Jahre zwangen
Millionen von Menschen zur Flucht. Der Großteil der
Flüchtlinge blieb in der Region und von den mehreren
Hunderttausend Menschen, die in andere europäische
Staaten flohen, wurden viele nur temporär aufgenom-
men (Fassmann & Münz 2000). Große Fluchtbewegun-
gen stammten auch aus Albanien. Nach jahrzehntelan-
ger hermetischer Abriegelung und wirtschaftlichem
Niedergang hatte die Öffnung des Landes eine massive
Auswanderung zur Folge. In mehreren Wellen kamen
während der 1990er-Jahre Hunderttausende Albaner
über den Seeweg nach Italien oder über die Landgrenzen
nach Griechenland. Anfang der 2000er-Jahre lebten
etwa 600 000 Albaner, ein Fünftel der gesamten Bevölke-
rung, außerhalb ihres Landes (King & Vullnetari 2003).
Während die ersten Flüchtlinge noch bereitwillig aufge-
nommen worden waren, bemühte sich die Politik Ita-
liens und Griechenlands - auch unter dem politischen
Druck der EU - bald um die Abwehr der unerwünsch-
ten „Wirtschaftsflüchtlinge“.
Veränderte Wanderungsformen
und transnationale Mobilität
Nach dem Abflauen der ersten großen Auswanderungs-
welle Anfang der 1990er-Jahre veränderte sich das
Migrationsgeschehen in und aus den mittel- und osteu-
ropäischen Staaten. Vor dem Hintergrund wirtschaft-
licher Probleme und hoher Arbeitslosigkeit bildeten sich
neue Strukturen und Formen der Arbeitsmigration her-
aus, die nicht mehr der konventionellen Vorstellung von
Migration als einer längerfristigen Niederlassung im
Zielland entsprachen. Die neuen Arbeitswanderungen
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