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der überregionale Austausch von Informationen
über erste Anzeichen des Auftretens von Pest
zahl sank um ein gutes Drittel. Als Folge des 30-jährigen
Krieges brachen wiederholt Epidemien und Subsistenz-
krisen aus, da die Heere die Nahrungsvorräte der Bevöl-
kerung aufbrauchten und die Konzentration von Solda-
ten in Lagern wie von Flüchtlingen hinter Stadtmauern
„einen günstigen hygienischen und physiologischen
Nährboden für Masseninfektionen schufen“ (Pfister
1994). Erst um 1750 wurde die Einwohnerzahl vom
Beginn des 17. Jahrhunderts erreicht, da aufgrund wei-
terer Kriege die Mortalität immer wieder hoch war und
daher auch die von den Landesherren verfolgte aktive
Peuplierungspolitik nur zum Teil vorübergehend Ab-
hilfe schuf. So bot der preußische Kurfürst im Edikt von
Potsdam aus dem Jahre 1685, das als zweisprachiges
Flugblatt in Frankreich kursierte, den Hugenotten Asyl,
um die eigene Macht und die Ökonomie Preußens zu
beleben und nicht zuletzt die Einkünfte des Staates zu
steigern. Den französischen Glaubensflüchtlingen wur-
den Vergünstigungen wie freie Ortswahl, Freiheit des
Handwerks, finanzielle Zuschüsse für Unternehmen,
Zuteilung von Land bei Bauern oder Abgabefreiheit
gewährt.
Auch in Mannheim gelang eine erfolgreiche Wieder-
besiedlung in den 1650er-Jahren (Arnscheidt 2002). Der
pfälzische Kurfürst sagte Zuwanderern unabhängig von
Religionszugehörigkeit oder Herkunft Zunftfreiheit,
Quarantäneregeln für einlaufende Schiffe in Hafen-
städten
das Verschließen von Häusern, in denen Pestopfer
gelebt hatten
die Einrichtung von Krankenanstalten zur Unter-
bringung und Separation von Erkrankten
die Kontrolle von Handelswaren sowie des Ortswech-
sels von Menschen über größere Distanzen
Im Laufe des 15. Jahrhunderts begann eine Erholung der
Bevölkerungsentwicklung, die bis etwa 1600 anhielt,
sich jedoch im 17. Jahrhundert wieder abschwächte.
Diese Phase erstreckte sich von Land zu Land, von
Region zu Region über verschieden lange Zeiträume mit
stark abweichenden Wachstumsraten. So verdoppelte
sich in Frankreich nach dem 100-jährigen Krieg die Ein-
wohnerzahl bis 1560 und stagnierte dann bis etwa 1700
(Abb. 6.1). Innenpolitische Auseinandersetzungen und
die Vertreibung der Hugenotten dämpften den positiven
Trend. Zudem reduzierten vier Pestzyklen zwischen
1600 und 1670 die Geburtenüberschüsse um 90 Prozent
(Livi-Bacci 1999).
Im 17. Jahrhundert waren die Verluste auf dem Ge-
biet des Deutschen Reichs am höchsten. Die Einwohner-
Einwohnerzahl (in Tsd.)
Wachstumsrate pro Jahr (in %)
70 000
3,0
60 000
2,0
50 000
1,0
40 000
0,0
30 000
-1,0
20 000
-2,0
10 000
0
-3,0
1400
1500
1600
1700
1800
1900
1500
1600
1700
1800
1900
a
b
Deutschland
England
Italien
Frankreich
Irland
Schweden
Niederlande
Spanien
Abb. 6.1 Bevölkerungsentwicklung ausgewählter europäischer Länder (1440-1950): a) Entwicklung der Einwohnerzahlen, b) Ent-
wicklung der Wachstumsraten (verändert nach: Grigg 1980).
 
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