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Exkurs 5.17
Regulierung von Zeitarbeit in europäischen Ländern
Zeitarbeiter sind Arbeitnehmer, die nicht direkt von den Fir-
men angestellt, sondern von Zeitarbeitsfirmen ausgeliehen
werden; es sind also nicht einfach zeitlich befristet Beschäf-
tigte, sondern von einer Zeitarbeitsfirma vermittelte Perso-
nen (Meyer & Fuchs 2008). In Deutschland waren die Zeit-
arbeiter besonders von der Krise 2008/2009 betroffen
(Fuchs & Kempermann 2010). Der Grad der Benachteiligung
der Zeitarbeiter hängt dabei von der Regulierung der Zeitar-
beit in den europäischen Ländern ab, insbesondere in
Bezug auf die Gleichheit der Entlohnung von Zeitarbeitern
einerseits und der Stammbelegschaft andererseits ( equal
pay ). Aber auch Lohnzuschläge für Zeitarbeiter in Form
einer Prekaritätsprämie oder die Lohnfortzahlung in ein-
satzfreien Zeiten spielen eine Rolle. So haben in Frankreich
Zeitarbeitskräfte den Anspruch auf eine Prekaritätsprämie
in Höhe von 10 Prozent der Lohnsumme. Außerdem müs-
sen Zeitarbeitsunternehmen Beiträge zu einem branchen-
bezogenen Weiterbildungsfonds leisten, aus dem Qualifizie-
rungsmaßnahmen für Zeitarbeitskräfte finanziert werden
können. Dänemark und Schweden weisen eine tarifvertrag-
lich geprägte Regulierung im Rahmen des herkömmlichen
Systems der industriellen Beziehungen auf. In Deutschland,
Österreich und der Schweiz hat sich Zeitarbeit seit den
1990er-Jahren sehr dynamisch entwickelt und wurde in den
letzten Jahren landesweit tarifvertraglich geregelt (Vanse-
low & Weinkopf 2009).
Weiterführende Literatur
weniger als 9,62 Euro je Stunde, in den neuen Bundes-
ländern für unter 7,18 Euro (Kalina & Weinkopf 2009).
In 20 der 27 EU-Länder gibt es einen gesetzlichen Min-
destlohn. In Westeuropa bewegt sich die für alle Arbeit-
nehmer verbindliche Lohnuntergrenze meist über
8,40 Euro. Dänemark, Schweden und Finnland sowie
Deutschland, Österreich, Italien und Zypern haben bis-
lang keinen gesetzlichen Mindestlohn, dafür aber in der
Regel Äquivalente, die eine Tarifbindung sichern (Schul-
ten 2009). Die illegal beschäftigten Migranten müssen
mit deutlich geringeren Löhnen auskommen; sie fallen
durch die Löcher staatlicher und tariflicher Regulierung
(Berndt 2008).
Auch wenn die Gewerkschaften in Westeuropa eine
stärkere Position als in Mittel-, Ost und Südosteuropa
einnehmen, haben die politische Deregulierung in den
1980er- und 1990er-Jahren, die zunehmend flexible
Arbeitsorganisation und Vertragsgestaltung, der Rück-
gang traditioneller Industriearbeit, Arbeitslosigkeit und
die Pluralisierung der Lebensstile die kollektive Interes-
senvertretung geschwächt. Die traditionellen trade union
cultures und die ihnen entsprechenden Arbeitsregimes
haben sich immer weiter aufgelöst. In Deutschland
kommen Besonderheiten in den neuen Bundesländern
hinzu, wie drastische Arbeitsplatzverluste, befristete
Arbeitsverträge und die Zunahme nicht tarifgebundener
Betriebe (Albrecht & Klagge 2008, Fuchs 2005b).
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