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Exkurs 5.16
Städtetourismus im Aufwind
Seit den 1990er-Jahren erlebt der europäische Städtetou-
rismus einen deutlichen Aufschwung der Übernachtungs-
zahlen. Städte- und Kurzreisen liegen offensichtlich im
Trend (Freytag & Popp 2009). Während der klassische
mehrwöchige Jahresurlaub im Sommer an Bedeutung ver-
liert, favorisiert es eine wachsende Zahl von Reisenden,
mehrere Kurzurlaube über das gesamte Jahr zu verteilen
(Becker 2000). Diese Entwicklung ist nicht allein Ausdruck
einer sich wandelnden Nachfrage, sondern geht auch auf
angebotsseitige Veränderungen zurück. Unter dem Einfluss
der neuen Informations- und Kommunikationsmedien
erfolgt eine zunehmende Flexibilisierung der touristischen
Angebote, um die bestehenden Transport- und Beherber-
gungskapazitäten besser auszulasten. Die Funktion von
städtischen Zentren als Ankerpunkte innerhalb einer globa-
lisierten Welt führt zu einem sukzessiven Ausbau der Ver-
kehrsinfrastruktur, sodass Großstädte noch schneller und
kostengünstiger erreicht werden können. Letztlich bewirkt
der anhaltende Ausbau der Infrastruktur ein ansteigendes
Mobilitätsaufkommen, wie es zum Beispiel im Bereich der
Low-cost -Airlines zu verzeichnen ist. Zu den bedeutendsten
europäischen Reisezielen zählen die großen Metropolen.
Eine unangefochtene Spitzenposition nehmen Paris und
London mit jährlich mehr als 30 Millionen Übernachtungen
in Hotels und anderen gewerblichen Beherbergungsbetrie-
ben ein. Aber auch Berlin, die führende städtetouristische
Destination in Deutschland, erlebt derzeit ein besonders
dynamisches Wachstum der Tourismuswirtschaft.
Aber worin liegt die besondere Anziehungskraft der
städtischen Reiseziele begründet? Ein wichtiger Aspekt ist
sicherlich die ausgeprägte Multioptionalität. Metropolen
bieten ihren Besuchern eine beeindruckende Vielfalt an
reizvollen Aktivitäten. Das Angebot reicht weit über die ein-
schlägigen touristischen Sehenswürdigkeiten hinaus. Kultu-
relle und sportliche Veranstaltungen sind für die Reisenden
ebenso attraktiv wie Einkaufsmöglichkeiten und das spezi-
fische Flair einer Großstadt. Es zeigt sich, dass touristische
und freizeitbezogene Aktivitäten im Städtetourismus kaum
voneinander zu trennen sind. Besonders Wiederholungsbe-
sucher neigen dazu, gezielt auch die weniger touristisch
geprägten Teile einer Stadt aufzusuchen, um am Alltagsle-
ben der Bevölkerung teilhaben zu können (Freytag 2010).
Eine Untersuchung der touristischen Aktivitäts- und Bewe-
gungsmuster in der Stadt kann auf der Grundlage von
Raum- und Zeitdaten erfolgen, die sich mit Hilfe von GPS-
Empfängern aufzeichnen lassen (Abb. 1).
Arbeitsmärkte und
Wohlstandsunterschiede
den. Freizeit ist ein Ausleben von individuellen Orien-
tierungen und Lebensstilen. Dies gilt gleichermaßen für
Freizeit am Ende eines Arbeitstages, wie auch an einem
freien Wochenende oder während einer Urlaubsreise.
Ungeachtet einer messbaren Zunahme der zur Verfü-
gung stehenden Freizeit empfinden viele Menschen,
dass ihnen immer weniger Zeit zur freien Gestaltung
bleibt. Dies kann dazu führen, dass die traditionell oft
mit Erholung und Muße assoziierte Freizeit zunehmend
auch als anstrengend und belastend erlebt wird. Wenn
Freizeit unter Zeitdruck gestaltet wird, stellt sich über
kurz oder lang ein Gefühl von Stress ein. Möglicher-
weise ist genau hier der Wendepunkt hin zu einem
neuen Freizeitbewusstsein erreicht, das von Konsumver-
zicht und dem Verlangen nach Entschleunigung getra-
gen wird. Ob sich diese Form einer alternativen Freizeit-
gestaltung tatsächlich zu einem regelrechten Trend zu
entwickeln vermag, wird die Entwicklung der kommen-
den Jahre zeigen.
Martina Fuchs
Die Arbeitsmärkte in Europa haben einen tief greifen-
den Wandel durchlaufen. Dies gilt für die älteren Mit-
gliedsländer der EU-15, in denen Tertiärisierung und
Flexibilisierung die Bedingungen auf den Arbeitsmärk-
ten in den letzten Dekaden verändert haben. Zugleich
hat die EU-Erweiterung diese Arbeitsmärkte beeinflusst.
Parallel dazu haben die 2004 und 2007 beigetretenen
mittel-, ost- und südosteuropäischen Mitgliedsländer
selbst neue Anforderungen zu bewältigen - auch noch
nach ihren Transformationsprozessen von der sozialisti-
schen Planwirtschaft hin zur marktwirtschaftlichen
Koordination.
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