Geography Reference
In-Depth Information
Exkurs 5.11
Wachstumsfeld „Nanotechnologie“
Sebastian Henn
Mit dem Begriff „Nanotechnologie“ werden sämtliche Ver-
fahren und Prozesse bezeichnet, „die sich mit der kontrol-
lierten Herstellung, Untersuchung und Anwendung von
Strukturen und Materialien in einer Größenordnung zwi-
schen 1 und 100 Nanometern befassen“ (BMBF 2009). Ent-
scheidend ist, dass in diesem Größenintervall wichtige
Eigenschaften der Materie wie elektrische Leitfähigkeit,
Magnetismus, Härte und Formbarkeit festgelegt werden.
Gezielte Eingriffe auf der Nanometerebene ermöglichen
damit eine bewusste Modifikation makroskopischer Eigen-
schaften. Auf diese Weise erzeugte Innovationen reichen
von schmutzabweisenden Textilien bis hin zu neuartigen
Speicherbausteinen, was den hohen Querschnittscharakter
der Nanotechnologie und deren große volkswirtschaftliche
Bedeutung vor Augen führt (BMBF 2009, Henn 2006). Mit
der Absicht, den Transfer nanotechnologischen Know-hows
aus der Forschung in den Markt zu beschleunigen, wird
Nanotechnologie sowohl auf europäischer als auch auf
Ebene der einzelnen Nationalstaaten seit Langem stark
gefördert. Allein im 7. EU-Rahmenprogramm (2007-2012)
belief sich das Fördervolumen für den Bereich „Nanowis-
senschaft, Nanotechnologie, Werkstoffe und neue Produk-
tionstechnologien“ auf rund 3,5 Milliarden Euro (BMBF
2009).
Gemessen an der Zahl der Unternehmen und For-
schungseinrichtungen gilt Europa neben den Vereinigten
Staaten als wichtigster Nanotechnologiestandort weltweit.
Innerhalb Europas treten Deutschland, Frankreich und das
Vereinigte Königreich als die Länder mit den meisten Akteu-
ren hervor. Aus regionalökonomischer Perspektive von
Bedeutung ist, dass unterhalb der nationalstaatlichen
Ebene räumliche Konzentrationen von Unternehmen, For-
schungseinrichtungen und sonstigen Akteuren in der Nano-
technologie (Netzwerke, Kapitalgeber etc.) existieren, die
zumeist durch eine besonders hohe Innovationskraft und
hohe Unternehmensgründungsraten gekennzeichnet sind.
Bedeutende europäische Nanotechnologiecluster existie-
ren beispielsweise in den Universitätsstädten Dresden und
Prag sowie im Großraum Paris. Die Gründe für die Heraus-
bildung derartiger Ballungen sind vielfältig: Viele Nanotech-
nologieunternehmen sind als Spin-offs aus Hochschulen
und Forschungseinrichtungen hervorgegangen und befin-
den sich in der Nähe der (ehemaligen) Studien-, Arbeits-
und Wohnorte ihrer Gründer. Ferner sind die oftmals klei-
nen Unternehmen auf die direkte Zusammenarbeit mit loka-
len Forschungseinrichtungen und Universitäten angewie-
sen - einerseits, um auf das dort vorhandene Know-how
zurückgreifen zu können, andererseits, um die dort vorhan-
dene kapitalintensive Infrastruktur mitnutzen zu können
(Henn 2006).
pa einfache Produkte kundenspezifisch intelligent ent-
weder automatisiert in Masse oder flexibel in kleinen
Serien herzustellen. Ohne diese Kompetenzen wären die
Leistungen der Lohnfertiger und ihre einfachen Pro-
dukte an beliebigen, lohnkostengünstigeren Standorten
imitierbar. Eine enge Einbindung in die Herstellung von
Hightech-Produkten erlaubt den Lohnfertigern die
Weiterentwicklung von praktischen industriellen Kom-
petenzen. Ihre gesammelten Erfahrungen kumulieren in
einfachen Zwischenprodukten von höchster Qualität,
was gerade für hochwertige Hightech-Endprodukte eine
wesentliche Voraussetzung ist. Es ist weiter davon auszu-
gehen, dass sich Hightech- und Lowtech-Sektoren - re-
spektive -regionen - im Kontext eines europaweiten
sektoralen Strukturwandels fortwährend neu, aber mit-
unter auch gemeinsam positionieren.
Übergang von Industrie- zu
Dienstleistungsregionen?
Der wachsende Anteil von Beschäftigten im Dienstleis-
tungssektor ist statistisch belegt. In einzelnen europä-
ischen Regionen nimmt der Dienstleistungssektor eine
derart dominante Stellung ein, dass es gerechtfertigt
erscheint, von Dienstleistungsregionen zu sprechen. Ins-
besondere die europäischen Küstenregionen zeichnen
sich durch überdurchschnittlich hohe Anteile an Dienst-
leistungsbeschäftigten aus. In den Regionen der franzö-
sischen Mittelmeerküste etwa arbeiten mehr als 75 Pro-
zent der Beschäftigten in Dienstleistungssektoren. Vor
allem der Tourismussektor hat dort seit den 1960er-Jah-
ren einen imposanten Aufschwung erfahren. Destina-
tionen wie die von Hotelwolkenkratzern geprägte spa-
nische Touristenhochburg Benidorm in der Provinz
Search WWH ::




Custom Search