Geography Reference
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Abb. 5.30 Top-15-Regionen bei Bio-
technologieanmeldungen 2005.
wandten Forschung in den Bereichen Pharmazeutika
sowie Umwelt- und Agrartechnologie widmeten, führ-
ten in den 1980er-Jahren zu erfolgreichen Unterneh-
mensausgründungen und der Markteinführung neuer
Produkte. Dabei spielten mehrere Faktoren zusammen:
Der Biotechnologiesektor ist aufgrund langer For-
schungszyklen bei gleichzeitig relativ geringen Erfolgs-
raten aus finanzieller Sicht ein Hochrisikosektor und
deshalb geradezu idealtypisch auf Risikokapital ange-
wiesen. Hochschulen und Forschungseinrichtungen
dienen Hochtechnologiesektoren als Saatbeet für Ideen.
Doch erst öffentliches oder privates Risikokapital ebnet
den Weg einer Erfindung zu einem marktreifen Produkt.
Der Erfolg der Øresundregion geht also zum einen auf
die räumliche Co-Lokalität von Risikokapitalgebern
und Biotechunternehmen zurück. Denn obgleich Kapi-
tal vergleichsweise leicht über Raum hinweg transferiert
und bereitgestellt werden kann, erweist sich räumliche
Nähe zwischen Risikokapitalgebern und ihren Investi-
tionsobjekten als vorteilhaft (Häussler & Zademach
2007), da Risiken über Branchen-Know-how kontrol-
liert werden und dieses vor allem über die Teilhabe an
lokalen Informations- und Wissensflüssen erworben
wird. Zum anderen geht der Erfolg der Region auf eine
gute Durchmischung an großen und kleinen Unterneh-
men, die sich bei Forschung, Produktentwicklung und
Kommerzialisierung kooperativ ergänzen, zurück. Denn
die Vermarktung der neuen Produkte übernehmen häu-
fig große Pharma- oder Technologiekonzerne. Entweder
erwerben sie von den jungen Ideenschmieden die voll-
ständigen Rechte an den Produktpatenten oder sie bin-
den gleich das ganze Jungunternehmen samt Laboraus-
stattung und mitsamt seinen Forscherteams über
finanzielle Verträge an sich. Die Øresundregion ist
erfolgreich, aber sie ist nicht die einzige Biotechnologie-
region in Europa (Abb. 5.30). Um im regionalen Wett-
bewerb der Biotechnologiestandorte zu bestehen, wird
seit 1996 zwischen Kopenhagen und Malmö eine
regionsübergreifende Clusterpolitik betrieben. Sie bein-
haltet ein gemeinsames biotechspezifisches Regional-
marketing, den Ausbau von Informationsplattformen
und die Bündelung von Hochschul- und unternehmeri-
schen Ressourcen. Die Clusterpolitik macht den dritten
regionalen Erfolgsbaustein aus.
Die europäischen Biotechnologieregionen sind auf-
grund ihrer kleinteiligen Strukturen und ihrer dispersen
räumlichen Verteilung jedoch allesamt anfällig gegenü-
ber externen Einflüssen - insbesondere in Form von
externem Kapital (Exkurs 5.11). Kapital aus den USA,
wo die Branche deutlich älter, räumlich konzentrierter
und weit stärker von Großkonzernen geprägt ist, hat
mehrfach bewiesen, dass es in der Lage ist, Filetstücke
der europäischen Biotechnologie aufzukaufen und so-
wohl Forschung als auch Produktion auf neue Standorte
zu übertragen.
Hightech-Regionen sind unvollständig, wenn sie sich
einseitig auf die Produktion von Innovationen speziali-
sieren und sowohl die industriellen Herstellungspro-
zesse als auch die Organisation des Marktzugangs der
neuen Produkte vernachlässigen (Scott 1988). Insbeson-
dere die Herstellung von Hochtechnologieprodukten
erfolgt arbeitsteilig und schließt lohnfertigende Zuliefe-
rer, die Produktkomponenten herstellen, aber als Low-
tech-Unternehmen generell wenig Beachtung finden,
mit ein. Das Wissen der Lohnfertiger liegt in ihren prak-
tischen industriellen Kompetenzen, die sie befähigen,
Lösungen für technische Alltagsprobleme zu finden und
intelligente Variationen für altbekannte Problemstellun-
gen zu entwickeln. Mit diesen Kompetenzen haben es
die Lohnfertiger geschafft, am Hochlohnstandort Euro-
 
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