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Exkurs 5.6
Die Areale der Wismut AG in der Region Gera
Hans Gebhardt
Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg begann die SDAG (Sowje-
tisch-deutsche Aktiengesellschaft) Wismut im Erzgebirge
und seinem Vorland mit der Förderung von Uranerz, das
ausschließlich der sowjetischen Atomwaffenproduktion zur
Zeit des Kalten Krieges diente. Zwischen 1946 und 1990
hatte sich die SDAG Wismut zum weltweit drittgrößten Pro-
duzenten von Uran entwickelt; insgesamt wurden bis ein-
schließlich 1990 231 400 Tonnen Uran produziert. Damit
lieferte die DDR bis 1990 aus einer kleinen Region in Thü-
ringen und Sachsen etwa ein Drittel des im sowjetischen
Einflussbereich geförderten Urans.
Unmittelbar nach der Wende stellte die Sowjetunion
Ende 1990 ihren Uranimport aus der DDR ein. Seitdem ist
das Nachfolgeunternehmen Wismut GmbH mit der Rekulti-
vierung der zerstörten Bergbaulandschaften und dem
Abtragen der die Umwelt belastetenden Kegelhalden für
den Abraum beschäftigt. Wie in all solchen Fällen ist eine
industrielle oder auch sonstige Folgenutzung sehr schwie-
rig. Im Falle des Wismut-Geländes bei Gera wurden mit
erheblichem finanziellen Aufwand mehr als 800 Hektar
Abraumhalden abgetragen, kilometerlange unterirdische
Stollen verfüllt und verschlossen. In dem ehemaligen riesi-
gen Tagebaurestloch werden ungefähr 120 Millionen Kubik-
meter Haldenmaterial von ehemaligen Spitzkegelhalden,
welche aufgrund ihrer schwachen Strahlung eine Gefahr für
die Umwelt darstellten, abgelagert. Das Sanierungsprojekt
Abb. 1 Zahlreiche Standorte der Wismut in Mitteldeutsch-
land wurden nach 1990 aufgegeben. An den einstigen Tage-
bau erinnerten bis vor wenigen Jahren charakteristische
Sitzkegelhalden. Inzwischen sind diese abgetragen und
haben, wie hier bei Ronneburg, einem rekultivierten Garten-
schaugelände Platz gemacht (Foto: Hans Gebhardt).
wird voraussichtlich 2015 abgeschlossen sein; bereits 2007
hat in einer der ehemaligen Abbauregionen bei Gera eine
Bundesgartenschau stattgefunden. Insgesamt wurden hier-
für etwa 140 Hektar Fläche der Bergbaufolgelandschaft
revitalisiert.
Beschäftigungsrückgängen waren hier ebenfalls be-
sonders die altindustrialisierten Räume betroffen, zumal
sich auch in anderen paläotechnischen Produktions-
zweigen wie dem Kohleabbau erhebliche Beschäfti-
gungseinbußen ergaben.
Großbritannien ist damit ein Land mit zahlreichen
Altindustrieregionen geworden, die am Ende ihres „Pro-
duktlebenszyklus“ angekommen sind. Aber die dortigen
Entwicklungen, beispielsweise in der Eisen- und Stahl-
erzeugung, sind durchaus typisch für andere vergleich-
bare Regionen in Europa.
Die Industrie im belgischen Wallonien durchlief eine
der englischen Situation vergleichbare Geschichte. Im
Raum Lüttich gehen der Steinkohlenbergbau und die
Eisenbearbeitung bis in das 14. Jahrhundert zurück
(Hambloch 1977). In der ersten Hälfte des 19. Jahrhun-
derts setzte die Industrialisierung im engeren Sinne ein.
Neben Kohleabbau entstand vor allem im Raum Lüttich
und Charleroi ein großindustrielles eisenschaffendes
Industrieband, das sich wie eine einzige Fabrikstraße
unterhalb und oberhalb der Maas bzw. der Sambre aus-
dehnte.
Einigen der altindustrialisierten Regionen in Europa
wie dem rheinisch-westfälischen Industriegebiet in
Deutschland ist es immerhin gelungen, der wirtschaft-
lichen Talfahrt in den traditionellen Branchen ein Ende
zu setzen und eine gewisse Substitution an Arbeitsplät-
zen in neotechnischen Industriezweigen zu erreichen,
vor allem aber einen erfolgreichen Imagewandel zu
durchlaufen. Einen wichtigen Anstoß hierzu gab die
Internationale Bauausstellung Emscherpark (IBA Em-
scher), welche in den 1990er-Jahren eine Fülle von krea-
tiven Projekten initiierte. Das Ruhrgebiet ist heute eine
Schwerpunktregion großer Konsum- und Freizeitein-
richtungen, aber auch moderner Technologien und
Dienstleistungen sowie kultureller Einrichtungen. In-
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