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zum Einsetzen einer bis heute anhaltenden Phase von
Reformen reicht. In dieser zweiten Phase, die der irische
Komissar MacSharry 1992 einläutete, werden eine Reihe
von Anliegen auch jenseits reiner Produktivität verfolgt.
Die Abbildung 5.15 differenziert diese Phasen weiter
und weist ihnen Schlagworte zu, die sowohl Ziele als
auch problematische Entwicklungen in den jeweiligen
Jahren skizzieren (Weingarten 2010, Erjavec et al. 2008,
Evens et al. 2002).
Die verschiedenen Etappen hatten durchaus Erfolge,
aber oft auch sehr offensichtliche Schwachstellen. So war
es in der Nachkriegszeit zunächst sehr einleuchtend,
eine Stabilisierung des gemeinsamen Marktes anzustre-
ben durch den Abbau von internen Barrieren, durch
Produktstandardisierung und Subventionen nach innen
und nach außen durch interventionistische Maßnah-
men wie insbesondere Zölle. Dieses Vorgehen geriet
jedoch vor allem in den 1970er- und 80er-Jahren in har-
sche Kritik - aus zwei Gründen: Zum Ersten wurden die
Konflikte mit den USA und der WTO immer offener
ausgetragen, zu offensichtlich widersprachen die EU-
Instrumente den postulierten Zielen eines liberalisier-
ten Welthandels. Zum Zweiten waren die entstehenden
Butterberge und Milchseen durch subventionierte
Überproduktion moralisch und ökonomisch schwer zu
rechtfertigen. Die Zielkonflikte zwischen wirtschaft-
licher Effizienz, Umwelt- und Landschaftserhalt und der
Unterstützung ländlicher Gesellschaftsformen wurden
unübersehbar.
Inzwischen wird zunehmend auf eine konsistente
Förderung Wert gelegt ( cross-compliance ), wobei der
Übereinstimmung mit Umweltzielen inzwischen beson-
dere Bedeutung zukommt. In diesem Zusammenhang
ist auch auf die jüngst ausgelaufene Förderung des Ta-
bakanbaus zu verweisen, nachdem lange Zeit mit EU-
Mitteln zugleich Anti-Rauch-Kampagnen unterstützt
wurden. Aber selbst wenn die Zielkonflikte der Gemein-
samen Agrarpolitik (GAP) in den letzten Jahren zweifel-
los geringer geworden sind, so bleiben doch sehr
umstrittene Punkte auf der Agenda. Ein häufig ange-
sprochenes Thema ist der enorme Verwaltungsaufwand
für die Landwirte, der im Zuge der Reformen eher grö-
ßer als geringer geworden ist - hierzu gehört unter
anderem die digitale Erfassung und Überprüfung aller
landwirtschaftlich genutzten Parzellen in Europa.
Das wohl schwierigste Thema ist aber das Budget die-
ses EU-Politikbereiches: Auch heute noch wird beinahe
die Hälfte des EU-Budgets für die Gemeinsame Agrar-
politik verwendet - auch wenn der Anteil seit Jahren
kontinuierlich sinkt, und dies auch für die kommende
Förderperiode ähnlich erwartet wird. Angesichts der
immer wieder geäußerten Ambitionen, zu den führen-
den Wirtschaftsregionen der Welt zu gehören, über-
rascht der Fokus auf den nicht unbedingt als Zukunfts-
branche angesehenen Sektor. Zwar ist das Budget der EU
- die nicht über eine eigene Steuer verfügt - nicht sehr
hoch; auch ist zu berücksichtigen, dass der Agrarsektor
einer der wenigen Politikbereiche ist, die direkt aus dem
EU-Budget finanziert werden. Dennoch ist die Agrarpo-
litik bei allen Budgetverhandlungen Gegenstand lang-
wieriger Debatten, und dies führt auf die angesprochene
besondere Sensibilität von Agrarpolitik im Generellen
zurück.
Die Abbildung 5.16 zeigt die Entwicklung des EU-
Agrar-Budgets für die letzten drei Dekaden und illus-
triert die angesprochenen Phasen anschaulich. Zunächst
wird die überragende Bedeutung der interventionisti-
schen Instrumente bis zum Anfang der 1990er-Jahre
sehr deutlich. Mit dem Einsetzen der Reformen 1992
wurden dann vor allem Produktprämien gezahlt (z. B.
Getreideprämie). Diese wurden 2003/04 durch soge-
nannte entkoppelte Zahlungen weitgehend ersetzt und
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
ländliche Entwicklung
entkoppelte Direktzahlungen
gekoppelte Direktzahlungen
andere Marktstützungen
Export-Subventionen
Abb. 5.16 Die Zusammensetzung der GAP-Budgets zwischen 1980 und 2008 (Quelle: KOM DG AGRI 2009, modifiziert).
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