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tionsweise nach den Richtlinien des ökologischen Land-
baus, der auf den Einsatz agrochemischer Betriebsmittel
weitgehend verzichtet und auf der Grundlage betriebs-
eigener Ressourcen und Fruchtfolgen einen umweltver-
träglichen Produktionskreislauf anstrebt. Eine Voraus-
setzung für das Wachstum des Ökolandbaus ist die
Existenz von Konsumentengruppen, die für die Vorteile
der Bioware höhere Preise zu zahlen bereit sind. In
Deutschland, im Alpenraum und in Skandinavien
erreichte der Ökolandbau schon frühzeitig nennens-
werte Flächenanteile und breitete sich seit den 1990er-
Jahren mit der zunehmenden Vielfalt an Fördermög-
lichkeiten und dem Aufbau von Absatzstrukturen auch
in anderen Ländern aus (Lukhaup 1999). Die Umset-
zung der EU-Verordnung zum Ökolandbau und die
Aufnahme der Ökoschiene in das Sortiment von Super-
märkten gaben entscheidende Impulse. Deutschland ist
zum Markt mit dem weitaus größten Umsatz an Bio-
ware herangewachsen. Während der deutsche Ökoland-
bau allmählich und in Ausrichtung auf einen vorwie-
gend heimischen Markt gewachsen ist, haben in einigen
Ländern wie Spanien erst Fördermittel und Exportmög-
lichkeiten einen Boom ausgelöst, sodass sich ein fast
ausschließlich exportorientierter Ökolandbau entwi-
ckeln konnte (Abb. 5.8). Im Zuge der dynamischen Ent-
wicklung des Ökolandbaus sind Organisationsstruktu-
ren entstanden, die sich denen der konventionellen
Landwirtschaft immer mehr angleichen. Ebenso haben
konventionelle Betriebe nach dem Vorbild der Biobe-
triebe auch verschiedene Formen der Direktvermark-
tung weiter ausgebaut (Voth 2002). Dennoch bleibt zu
bedenken, dass die Bioware innerhalb des Lebensmittel-
marktes erst ein relativ kleines Segment darstellt, und
dass der Ökolandbau bislang nur in Österreich einen
Anteil von 10 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzflä-
che überschreiten konnte.
In Europa haben sich in der Versorgung mit Lebens-
mitteln verschiedene Konzepte alternativer Netzwerke
entwickelt, welche eine Überwindung der räumlichen
Trennung von Produktion, Verarbeitung und Konsum
von Agrarprodukten anstreben. Vielfältige Initiativen
betonen die Bezüge zwischen besonderen Merkmalen
des Produktes, den Erzeugungs- und Vermarktungs-
prozessen und der Herkunft und streben eine Inwertset-
zung des traditionellen lokalen Wissens zu Agrarpro-
dukten an, das insbesondere in peripheren Regionen
erhalten geblieben ist (Fonte 2010). Während der Öko-
landbau und verschiedene Formen der Direktvermark-
tung auf der Grundlage der mittel- und nordeuropäi-
schen Nachfrage gewachsen sind, hat der Schutz
regionaltypischer Agrarprodukte in Frankreich und
Südeuropa eine besondere Verbreitung erfahren. Die
Förderung regionaler Wertschöpfungsketten einerseits
und die Kennzeichnung rechtlich geschützter Her-
kunftsbezeichnungen andererseits sind beliebte Strate-
[1 000 t]
10 000
übrige EU-Staaten
Spanien
Italien
Frankreich
Deutschland
9 000
8 000
7 000
6 000
5 000
4 000
3 000
2 000
1 000
0
2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010
Abb. 5.7 Produktion von Biodiesel in der EU von 2002 bis
2010 (verändert nach: European Biodiesel Board, www.ebb-
eu.org).
schaft, große Stallanlagen, Tiertransporte oder die Ver-
nichtung von Produktionsüberschüssen werden von
breiten Gesellschaftsschichten immer weniger akzep-
tiert, die sich allerdings an eine Versorgung mit billigen
Lebensmitteln zu allen Jahreszeiten gewöhnt und sich in
einem vorwiegend urbanen Umfeld von der Landwirt-
schaft entfremdet haben. Die Landwirtschaft steht vor
der Herausforderung, das wachsende Verlangen nach
Produktsicherheit, Umweltverträglichkeit und Tier-
schutz in Einklang zu bringen mit Subventionsabbau
und Wettbewerbsfähigkeit auf freien Märkten.
Neben der industrialisierten Landwirtschaft haben
sich alternative, großenteils dienstleistungsorientierte
Formen der Landnutzung und Nahrungsmittelpro-
duktion entwickelt, die neben der Produktionsfunk-
tion auch gesellschaftlich-soziale und ökologische
Funktionen umfassen und einem erweiterten Ver-
ständnis von Landwirtschaft folgen (Dünckmann
2007). Die Betonung von Aspekten wie regionale Her-
kunft, Kundennähe, Umweltschutz und Gesundheits-
und Erholungswert (die auch in der Gewichtsverschie-
bung innerhalb der EU-Agrarpolitik zum Ausdruck
kommen) kennzeichnen eine sich neben der industria-
lisierten Agrarproduktion entwickelnde multifunktio-
nale Landwirtschaft. Diese setzt statt auf weitere Pro-
duktivitätssteigerung vornehmlich auf eine Qualität
ihrer Produkte und Dienstleistungen, die sich an den
differenzierten Wünschen der kaufkräftigen Verbrau-
cher ausrichtet.
Eine Alternative zur konventionellen Landwirtschaft
bietet die Kontrolle und Zertifizierung einer Produk-
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