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Abb. 4.32 Die Landwirtschaft in Polen
war, anders als in anderen kommunisti-
schen Ländern, nur ansatzweise kollek-
tiviert. Allerdings besteht in den ehema-
ligen deutschen Gebieten in Pommern
ein erheblicher Investitions- und Erneu-
erungsbedarf, wie dieser Betrieb in der
Nähe von Słupsk (Stolp) deutlich macht
(Foto: Hans Gebhardt).
quenzen sich aus dem Übergang von einer Plan- zu einer
Marktwirtschaft ergeben. Diese Frage ist leider alles
andere als eine eng begrenzte, denn der Übergang von
einer Plan- zu einer Marktwirtschaft hat eine soziale,
politische und ökonomische Dimension und wirkt sich
in weiterer Folge auf die Kulturlandschaft, auf Sied-
lungsstrukturen sowie auf Fragen des Naturhaushaltes
aus. Trotz aller Heterogenität und Vielfalt bleibt jedoch
ein verbindendes Element: Der radikale Systemwechsel
im östlichen Europa wird als unabhängige, erklärende
und auslösende Variable betrachtet und dessen Konse-
quenzen als abhängige Größen analysiert.
Um diese Vielfalt zu illustrieren, sollen einige Bei-
spiele genannt werden, ohne auch nur den Anspruch
auf Vollständigkeit zu stellen: Die Entwicklung der
Kernstädte, die Umgestaltung der Wohnungsmärkte,
die Nutzung, Sanierung und soziale Umgestaltung der
Plattenbauten, die soziale Ungleichheit in den Städten,
die Herausbildung der Ghettos der Reichen, der bauli-
che Verfall der Stadtteile der Armen, die neue Zuwan-
derung in die Metropolen, aber auch die Veränderung
des Städtesystems und der Einzelhandelsstrukturen fin-
den das Interesse zahlreicher Kollegen und Kolleginnen
(Fassmann & Lichtenberger 1995, Müller 1997, Wiest
1997, Brade & Grimm 1998, Pütz 1998, Kovacs &
Wiessner 1999, Cséfalvay 2009). Thematisiert wurde
auch die Rolle der Planung beim „Stadtumbau Ost“
(Vogl 2009) sowie die Möglichkeiten der Inwertsetzung
der Großwohnanlagen, die aufgrund ihrer quantitati-
ven Bedeutung nicht einfach ersetzt werden können
(Kapeller 2009). In den großen Städten, den Metropo-
len des östlichen Europas, werden die ökonomischen,
die sozialen, aber auch die baulich-physischen Ände-
rungen als Konsequenz der Transformation am deut-
lichsten sichtbar. Die Stadt als Brennglas sozialer Ver-
änderungen ist eine beliebte Metapher, die auch oder
vielleicht besonders für die geographische Transforma-
tionsforschung gilt.
Wissenschaftliches Interesse wird auch den Indus-
triestädten sowie den Grenzstädten zuteil. Die Grenz-
städte stellen dabei interessante Anschauungsbeispiele
dar, um die Persistenz historischer Strukturen zu bele-
gen. Innerhalb einer Stadt sind Stadtteile mit einer
markt- und einer planwirtschaftlichen Vergangenheit
vorhanden, und es kann damit experimentell überprüft
werden, welche langfristigen Folgeeffekte vorhanden
sind (Waack 2000). Die alten Industriestädte und Indus-
triereviere sind wiederum Belege dafür, wie langfristig
die industrielle Vergangenheit nachwirkt und welche
Konsequenzen sich für die Sozialstruktur, für die regio-
nale Wirtschaftsentwicklung und für Stadtentwicklun-
gen ergeben (Kopacka 1999, Buchhofer 2003, Müller et
al. 2005).
Anzuführen sind in diesem Bereich überdies Arbei-
ten und Analysen über die ländlichen Räume im öst-
lichen Europa, denn die Brüche der Entwicklung und
die Konsequenzen der Transformation sind dort ebenso
massiv ausgeprägt, wenn auch oft weniger manifest als
in den Städten oder den Industrierevieren. Armut,
Obdachlosigkeit und soziale Exklusion greifen auch in
den ländlichen Räumen um sich, können jedoch vor
dem Hintergrund einer oft kargen Landwirtschaft bes-
ser abgefedert werden. Die einschlägigen Analysen zei-
gen jedenfalls, dass der Verfall der Strukturen in den
stadtfernen ländlichen Räumen massiv eingesetzt hat
(Kühne 2002, Knappe 2003, Thelen 2003). Dazu kom-
men Fragen der soziokulturellen Überformung der
ländlichen Räume, der architektonischen Umgestaltung
(Albre 2006) und der Suburbanisierung der zentrums-
nahen ländlichen Räume (Burdack et al. 2004).
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