Geography Reference
In-Depth Information
in den 1990er-Jahren geprägte Begriff des „Europa der
Regionen“ drückt die Erwartungen aus, die an eine
zunehmende Eigenständigkeit der Regionen im politi-
schen Mehr-Ebenen-System der EU geknüpft waren.
„Regionen“ sind die Grundlage für die Verwaltung vie-
ler raumbezogener EU-Politiken, und durch ihre inten-
sive Lobbyarbeit bei den EU-Institutionen und ihren
Nationalstaaten suchen sie politische Diskussionen aktiv
im regionalen Interesse zu beeinflussen.
Obwohl der regionale Fokus der EU eine einheitliche
Definition vermuten ließe, wird der Begriff der „Region“
nach wie vor zur Beschreibung unterschiedlicher geo-
graphischer und politischer Räume unterhalb der
Nationalstaatsebene gebraucht (Loughlin 1996, Dühr et
al. 2010). Im nachfolgenden Text sollen drei Typen von
„EU-Regionen“ besprochen werden:
zen in Westeuropa, und seit dem Fall des „Eisernen Vor-
hangs“ auch in zentral- und osteuropäischen Grenzre-
gionen, zahlreiche ähnliche Zusammenschlüsse eta-
bliert. Mit ihren Initiativen zur grenzüberschreitenden
Zusammenarbeit betraten lokale und regionale Gebiets-
körperschaften ein Gebiet, das bis dahin nationalstaat-
lichen Akteuren vorbehalten war. Heute sind alle Grenz-
regionen in der EU und entlang ihrer Außengrenzen in
grenzüberschreitender Zusammenarbeit aktiv. Es gibt
jedoch deutliche Unterschiede zwischen diesen Eurore-
gionen, was ihre politische Entscheidungsfähigkeit, den
Grad der Formalisierung und ihre Kooperationsinten-
sität angeht (Perkmann 2003).
In Europa gibt es zahlreiche Beispiele bi- oder multi-
lateraler Verträge zwischen benachbarten Staaten, die
die grenzüberschreitende Zusammenarbeit für die be-
troffenen öffentlichen Verwaltungen rechtlich regeln
und die teilweise bereits in den 1950er-Jahren vereinbart
wurden. Der Europarat bemüht sich seit den 1970er-
Jahren, die gesetzlichen und politischen Rahmenbedin-
gungen für alle Grenzregionen Europas zu verbessern.
Die EU stellt seit 1990 Fördermittel für Grenzregionen
bereit, um die Umsetzung des Europäischen Binnen-
markts durch das Zusammenwachsen benachbarter
Regionen zu unterstützen. Mit der EU-Verordnung zum
„Europäischen Verbund für territoriale Zusammenar-
beit“ (Europäisches Parlament und Rat 2006) ist zudem
seit 2006 die rechtliche Situation aller EU-Grenzregio-
nen erheblich gestärkt worden. Lokale und regionale
Gebietskörperschaften in verschiedenen EU-Mitglieds-
staaten können nunmehr ohne direkte Einbeziehung
ihrer Nationalstaaten rechtliche Abkommen zur territo-
rialen Zusammenarbeit miteinander abschließen.
Was somit häufig als informelle Absprachen zwi-
schen benachbarten Regionen und mit bi- und multila-
teralen Abkommen begann, deren Einfluss weitgehend
bottom-up- Regionalisierungen (Euroregionen und
Netzwerke)
Regionen der europäischen Regionalpolitik (das
NUTS-System)
regionale Kooperationsräume im Sinne von EU-Pro-
grammregionen
Regionalisierungen in Europa
„von unten“
Grenzüberschreitende Kooperationsregionen stellen seit
dem Ende des Zweiten Weltkriegs ein anschauliches Bei-
spiel von bottom-up -Regionalisierungen dar. Die erste
EUREGIO wurde 1958 von den Kommunen in der
deutsch-niederländischen Grenzregion um Gronau und
Enschede gegründet, um die sozio-ökonomische Posi-
tion der im nationalstaatlichen Kontext peripheren
Region zu stärken (Abb. 4.18). Seit der Gründung der
ersten Euroregion wurden zunächst entlang der Gren-
a
b
Abb. 4.18 a) Das Logo der EUREGIO, der ersten „offiziellen“ Grenzregion in Europa (gegründet 1958; Quelle: EUREGIO). b) Grenz-
überschreitende Zusammenarbeit der Polizei im deutsch-niederländischen Grenzgebiet: das grenzüberschreitende Polizeibüro
Dinxperlo-Suderwick (Quelle: EUREGIO).
Search WWH ::




Custom Search