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schen und kulturellen Beziehungen unterworfen. Die
geopolitisch-geoökonomisch-ideologische Trennung in
zwei einander gegenüberstehende Sphären bedeutete
aber keineswegs, dass innerhalb der jeweiligen Sphären
Freizügigkeit oder zumindest eine größere Durchlässig-
keit geherrscht hätte. Vielmehr entstanden nach den drei
großen Konferenzen zur politischen und territorialen
Neuordnung Europas nach dem Zweiten Weltkrieg in
Teheran (Dezember 1943), Jalta (Februar 1945) und
Potsdam (August 1945) „Grenzregionen, in denen sich
die benachbarten Bevölkerungen fremd blieben (bulga-
risch-rumänische Grenze), sich entfremdeten (Grenze
zwischen Polen und der UdSSR/Ukrainische und Belo-
russische Sowjetrepublik) oder sich niemals kennenler-
nen konnten (Polen-UdSSR/Kaliningrader Gebiet)“
(Wust 2001). Vor allem die trotz der Zusammenarbeit
im RGW mit erheblichen militärischen Sicherungs- und
ökonomischen Protektionsfunktionen aufgeladene und
aufgrund der 5-km-Zone unzugängliche Grenze der
Sowjetunion galt als hermetisch. Grenzüberschreitende
Kontakte fanden in erster Linie in Form staatlich gelenk-
ter und kontrollierter Beziehungen und im Rahmen par-
teipolitisch motivierter Programme statt. Gleichzeitig
war das jeweilige grenznahe Territorium vielfach eine
zugleich militärisch und polizeilich intensiv kontrol-
lierte wie sozial und ökonomisch periphere Zone. Darü-
ber hinaus führten die räumlichen Verlagerungen von
Staatsgrenzen nach dem Zweiten Weltkrieg, die Vertrei-
bung der bisher ansässigen Bevölkerung und die Ansied-
lung neuer Bevölkerungsgruppen dazu, dass in vielen
auf diese Weise damals neu entstandenen Grenzregio-
nen der Habitus des Grenz-(land-)bewohners, der im
alltäglichen Umgang mit Grenzen geübt ist und sie, wo
es möglich ist, in die Logik des eigenen Handelns einzu-
beziehen weiß, verloren ging oder nur mühsam aufge-
baut werden konnte.
Mit der Auflösung der Sowjetunion am 21.12.1991
und der Deklaration vormaliger Unionsrepubliken zu
Abb. 4.17 Seit der Osterweiterung der
EU liegt deren Außengrenze am Peipus-
see im Osten des Staates Estland. Die
Region ist durch traditionelle Landwirt-
schaft (Zwiebelanbau) und Fischerei
geprägt; in den Dörfern wohnt überwie-
gend russischsprachige Bevölkerung
(Fotos: Hans Gebhardt).
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