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Exkurs 4.1
Geographische Gliederungen Europas
in der Vergangenheit
Europagliederungen von Geographen fielen zu verschiede-
nen Zeiten durchaus unterschiedlich aus. Eine um 1900 von
Hugo Hassinger vorgenommene Untergliederung von Eu-
ropa nach „Naturgebieten“ wirkte seinerzeit durchaus plau-
sibel, erschien aber zu Zeiten des Kalten Krieges eher
bizarr, da seine Abgrenzungen quer zu den späteren ideolo-
gischen bzw. wirtschaftlichen Grenzen verliefen. Hassinger
unterscheidet Atlantisches oder Westeuropa, Baltisches
Europa (mit Schweden, Finnland, den Baltischen Staaten
und Teilen der Sowjetunion, aber ohne Norwegen), Süd-
oder Mittelmeereuropa, Kontinentales oder Osteuropa so-
wie ein Mitteleuropa, das einerseits weit nach Frankreich
hineinreicht, andererseits auch große Teile dessen umfasst,
was später Südosteuropa oder Ostmitteleuropa wurde.
Sehr stark vom politisch-geographischen Denken seiner
Zeit bestimmt ist die Einteilung Europas von Albrecht
Penck. Auch er legt eine Grenze zwischen Norwegen und
Schweden, rechnet die skandinavischen Staaten aber,
ebenso wie Deutschland, das Baltikum, das gesamte Ost-
mittel- und Südosteuropa sowie ebenfalls Teile Frankreichs
zu einem „Zwischeneuropa“, das zwischen dem westlich
gelegenen Vordereuropa und dem russischen Hintereuropa
liegt.
Iberischen Halbinsel entwickelt. Die Ausdifferenzierun-
gen des Formenwandels zeigen sich vor allem beim
Klima und der Vegetation, sie lassen sich aber bis zu
einem gewissen Grad auch auf humangeographische
Geofaktoren übertragen.
Der planetarische Formenwandel beschreibt für
Europa systematisch die Unterschiede zwischen Nord
und Süd. In ihm zeigen sich beispielsweise die klimati-
schen Gegensätze zwischen Nordeuropa mit seinem
subarktischen und arktischen Klima und Südeuropa mit
seinen milden, feuchten Wintern und trockenen, heißen
Sommern (Abb. 4.1). Vor allem in den präindustriellen
Gesellschaften bestimmten solche physisch-geographi-
schen Geofaktoren in Nord und Süd relativ eng die
Möglichkeiten einer umweltangepassten agrarischen
Inwertsetzung und damit auch die Bevölkerungsdich-
ten. Der Ost-West-Formenwandel nimmt systematisch
die Unterschiede in der geographischen Länge in den
Blick, beispielsweise zwischen den maritimen Bereichen
Westeuropas (Abb. 4.2) und dem kontinentalen Osteu-
Anbauzonen im Mittelmeergebiet
0
500
1 000 km
Anbaugebiete und Nordgrenze der Olive
Anbaugebiete und Nordgrenze der Zitrusfrüchte
Hauptanbaugebiete der Zitrusfrüchte
Südgrenze der Anbaugebiete
Abb. 4.1 Anbaugrenzen für Oliven und Zitrusfrüchte im Mittelmeergebiet. Südeuropa unterscheidet sich von den nördlicher gele-
genen Regionen durch einige für den Mittelmeerraum charakteristische Anbauprodukte. In erster Linie ist hier der Ölbaum und die
Nutzung der Oliven zu nennen; in den küstennahen Regionen wird auf bewässertem Land der Anbau von Zitrusfrüchten und Gar-
tenbauprodukten betrieben (span. Huerta ; verändert nach: Bär 1999).
 
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