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Stierkampf als Symbol Spaniens ein Dorn im Auge war
und sie mit dieser Maßnahme auch ein klares Zeichen
für die Besonderheit der katalanischen Kultur setzen
wollten, denn als katalanisch empfundene Bräuche wie
die Menschenpyramide castell oder der Tanz sarda na
werden im Rahmen von städtisch subventionierten
Festen gepflegt.
Bezog sich der Katalanismus lange Zeit auf die heu-
tige Comunidad Autónoma (Mose 2009) oder das histo-
rische Fürstentum ( Principat Catalunya ), so betrachten
vor allem linke Katalanisten seit der transición zuneh-
mend die Països Catalans als katalanisches Territorium
(Abb. 3.21). Die Reaktionen der Bevölkerung dieser
Regionen auf die Zuordnung in ein solches Großkatalo-
nien sind ambivalent. Während das französische dépar-
tement Katalanisch als Säule ihrer Identität begreift
(Conseil General Pyrénées-Orientales o. J.), wird diese
Vorstellung in Valencia auch als eine Art Kolonialismus
empfunden. Obwohl Valenciano im Allgemeinen als
Dialekt des Katalanischen gesehen wird, hat es hier den
Status einer offiziellen Sprache.
Wie gezeigt werden konnte, wird Katalonien in Ab-
grenzung zur spanischen Nation konstituiert. Aufgrund
weitreichender kultureller und politischer Rechte bilden
Katalonien oder die katalanische Nation für die meisten
Bewohner trotzdem einen Teil des spanischen Staates.
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Abb. 3.20 Auf Grundlage verschiedener geschichtlicher und
kultureller Bezüge haben sich unterschiedliche territoriale Vor-
stellungen des Baskenlandes (Mansvelt Beck 2006) und Kata-
loniens entwickelt (Karte: Christian Kock).
das katalanische Parlament legitimierte Generalitat als
Regierung einsetzte. Die auf den Bürgerkrieg folgende
Diktatur Francos unterdrückte die katalanistische Bewe-
gung zunächst rigoros. Erst im weiteren Verlauf entstan-
den Freiräume, die durch Nutzung des Katalanischen in
Musik ( Nova Canço ), Theater und Medien genutzt wur-
den. Der Gebrauch der katalanischen Sprache wurde
schnell zum Erkennungszeichen der Opposition, die
aber im Allgemeinen gemäßigt agierte. Typische Zeichen
des Widerstands in der Diktatur waren das Singen der
katalanischen Nationalhymne vor Spielen des FC Barce-
lona oder im Vorfeld von Konzerten (Smith 2007) und
Demonstrationen im Schutz der katholischen Kirche,
zum Beispiel am Montserrat, der seit der Weihe der
María de Montserrat zur Patronin Kataloniens 1881 als
symbolischer Ort galt.
Trotz der Institutionalisierung Kataloniens als Comu-
nidad Autónoma im Zuge der transición (Exkurs 3.2)
sind Kultur, Territorium und der Status Kataloniens
innerhalb des spanischen Staates weiterhin umstrittene
Felder der Identitätspolitik (Abb. 3.20).
Das katalanische Bildungssystem ist sprachlich mitt-
lerweile komplett katalanisiert. Auch in der Verwaltung
wird fast ausschließlich Katalanisch verwendet. In den
Medien sind Subventionen und Quoten Instrumente
zur Förderung der Regionalsprache. Aufgrund dieser
umfassenden Maßnahmen gelang auch die sprachliche
Integration von spanisch-sprachigen Immigranten,
zumindest in der zweiten Generation. Auch die national
gelabelte Kultur im engeren Sinne ist ins Blickfeld der
Politik gerückt: Das Verbot von Stierkämpfen in Katalo-
nien wurde zwar mit dem Tierschutz begründet. Man
kann aber davon ausgehen, dass den Katalanisten der
Abb. 3.21 Graffiti an einer Hauswand in Barcelona (Foto: Jörg
Mose).
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