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Das historisch-kulturelle Europa -
Europa als Kulturerdteil
liegen (Exkurs 1.4), finden sich die Fundamente seiner
kulturellen Gemeinsamkeiten in den ersten Bürgerge-
sellschaften, den ersten Demokratien der griechischen
Stadtstaaten und im Römischen Reich (Abb. 1.4). Hier
entstand erstmals eine politische Vereinigung des Mit-
telmeerraums und des westlichen Europa mit einheitli-
chem Verwaltungs- und Wirtschaftssystem, modernen
Straßenverbindungen und auch einer einheitlichen
Währung.
Die Nachfolge des Römischen Reichs trat, auch im
eigenen Selbstverständnis, im Westen und Nordwesten
Europas das „Heilige Römische Reich deutscher Na-
tion“ an. Um 800 hatte das Frankenreich Karls des Gro-
ßen eine Ausdehnung, welche große Teile Italiens,
Frankreich und neu eroberte Gebiete im heutigen Nord-
deutschland sowie einen breiten Grenzstreifen im Osten
gegenüber den slawisch besiedelten Räumen des heuti-
gen Mitteldeutschland umfasste.
Europa lässt sich somit weniger als geographischer Erd-
teil, sondern eher als eigenständiger Kulturerdteil be-
greifen, der aus griechisch-römischen Wurzeln hervor-
gegangen ist und über das „Heilige Römische Reich
deutscher Nation“ zu den neuzeitlichen Nationalstaaten
geführt hat. Als „Erfindungen“ dieses Kulturerdteils las-
sen sich die Demokratie, entstanden in den griechischen
Stadtstaaten, die Aufklärung, verstanden als „Ausgang
des Menschen aus der selbst verschuldeten Unmündig-
keit“, die „Moderne“ als politische und künstlerische
Strömung, aber auch die Sklaverei, der weltweite Kolo-
nialismus und das Anzetteln von zwei Weltkriegen im
20. Jahrhundert ansehen.
Während die Ursprünge eines europäischen Selbst-
verständnisses im Dunkel der griechischen Mythologie
Beispiele hierfür sind die von Gerhard Mercator angelegten
Karten aus dem Jahre 1569 oder die Erdkarte von Martin
Waldseemüller aus dem Jahr 1507 in zwölf Blättern. Wald-
seemüller führte auf dieser Karte erstmals für den neu ent-
deckten Erdteil im Westen den Namen „America“ ein. Um
etwa 1570 begann mit dem Fortschreiten der Entdeckun-
gen und einem mehr und mehr abgerundeten Erdbild das
Zeitalter der großen Atlanten, das dann im 17. Jahrhundert
kulminierte.
b
c
e
d
Abb. 1 Alte und neue Darstellungen Europas und der Welt. a) Erdbild nach den Angaben von Eratosthenes von etwa
200 v. Chr. b) Erdbild des Spätmittelalters von 1492. c) Erdkarte von Martin Waldseemüller aus dem Jahr 1507. d) Heutige
Weltkarte in ähnlicher Darstellungsart. e) Lage Europas auf der Erdkugel im Gradnetz (Quelle: Bär 1999).
 
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