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Abb. 3.8 Die innerdeutschen Grenz-
befestigungsanlagen ebenso wie die
„Mauer“ in Berlin sind bis auf wenige
Reste verschwunden. An der Bernauer
Straße in Berlin erinnert ein Mauerrest
an die einstmals die ganze Osthälfte
der Stadt einschließende Befestigungs-
anlage (Foto: Hans Gebhardt).
zur diskursiven Grundlage der europabezogenen (und
später weltweiten) amerikanischen und sowjetischen
Eindämmungspolitik, zu einem grundlegenden Hand-
lungsmuster des Kalten Krieges.
Das geopolitische Leitbild des Kalten Krieges führte
in Europa auf der Ebene der politischen (und alltäg-
lichen) Praktiken zu vielfältigen Folgen, die hier nur
kurz und stichwortartig genannt werden sollen. Es legi-
timierte zunächst - wie bereits oben angesprochen - die
Neuausrichtung der europabezogenen amerikanischen
und sowjetischen Außenpolitik inklusive des intensiven
zivilen und militärischen Engagements (z. B. Wiederauf-
bauhilfe im Marshallplan, wechselseitige Stationierung
von Truppen und Waffensystemen in den Jahrzehnten
nach dem Zweiten Weltkrieg, geheimdienstliche Inter-
ventionen in europäischen Staaten, militärische Inter-
vention der Sowjetunion in der Tschechoslowakei im
Kontext des Prager Frühlings). Auf diese Weise bildete
das geopolitische Leitbild die Legitimationsbasis für die
wechselseitige Eingliederung der europäischen Staaten
in ein System globaler militärischer Aufrüstung und ato-
marer Abschreckung. Es führte im Osten wie im Westen
zum Aufbau einer weitreichenden Bündnisarchitektur
(NATO, Warschauer Pakt). Auch wenn sich die Realpo-
litik im Verlauf des Kalten Krieges in Europa mehrfach
tendenziell veränderte, blieben die blockorientierten
Drohszenarien ein hegemoniales Motiv der Geopolitik
dieser Jahrzehnte, und der „Eiserne Vorhang“ mit seiner
martialisch befestigten Grenze war nicht nur ein symbo-
lisches, sondern zutiefst in die gesellschaftlichen Prakti-
ken der Menschen hineinreichendes Merkmal dieser
Periode. An der innerdeutschen Grenze manifestierte
sich dies in besonderem Maße (Abb. 3.8).
tische Argument der räumlichen Nachbarschaft und
Nähe aufgriff, es aber in der Verknüpfung mit dem
Dominoeffekt auf eine prägnante Weise anschaulich
machte. Sie wurde zum ersten Mal 1954 vom US-Präsi-
denten Eisenhower in die öffentliche Diskussion einge-
speist und besagte, dass, wenn ein Staat „umfällt“, das
heißt kommunistisch wird, die Nachbarstaaten „wie
Dominosteine ebenfalls umfallen“. Vor dem Hinter-
grund der seinerzeit ansteigenden Gefahr eines kommu-
nistischen (und damit auch sowjetischen) Einflusses in
Griechenland klang das Argument wie folgt: „Like apples
in a barrel infected by one rotten one, the corruption of
Greece would infect Iran and all to the east. It would also
carry infection to Africa through Asia Minor and Egypt,
and to Europe through Italy and France, already threaten-
ed by the strongest domestic Communist parties in Western
Europe“ (Acheson 1969, zitiert nach Ó Tuathail 1996).
Wenig später sollte diese Rhetorik auch bei vielen der im
Zuge der Entkolonialisierung aufflackernden außereu-
ropäischen Konflikte Verwendung finden.
Dieses geopolitische Leitbild verfestigte sich durch
die darauf aufbauende Doktrin der containment -Politik,
die das politische Engagement der beiden rivalisieren-
den Großmächte entscheidend prägen sollte. Bereits
Harry S. Truman hatte alle Nationen aufgefordert, sich
zu entscheiden, ob sie sich zur freien oder versklavten
Welt zählen wollten. Nun wurde es explizit zum außen-
politischen Grundsatz der USA, allen Völkern, deren
vermeintliche Freiheit von kommunistischen oder sozi-
alistischen Staaten bzw. von inneren, links ausgerichte-
ten und militanten Minderheiten bedroht zu sein
schien, aktiven Beistand zu gewähren. Mit dem univer-
salen Anspruch wurde das neue geopolitische Leitbild
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