Geography Reference
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Abb. 2.57 Titelseiten des „Spiegel“ aus den Jahren 1995 und 1999.
bildlichen Darstellungen im Zusammenhang mit Natur-
ereignissen (Abb. 2.57).
Dem steht ein aufgeklärter Umgang mit Natur gegen-
über, der aus Erfahrung die Gewissheit gewinnt, dass
Natur durch Gesetzmäßigkeiten geprägt sei, die durch
genaue Beobachtung zu entdecken sind. Dies erlaubt,
ihre Eigenschaften als „Verhalten“ zu kalkulieren. Blei-
ben in dieser Kalkulation Restgrößen, werden sie als
Risiko konzipiert. Dieser Begriff war als risco oder
rischio seit dem 14. Jahrhundert im italienischen Seever-
sicherungswesen üblich und bezeichnete das Wagnis,
das mit der Reise eines jeden Handelsschiffs einherging
(Rammstedt 1992). Dieses musste kaufmännisch ausge-
glichen werden, indem der gelegentliche Verlust von
Schiff und/oder Ware sich entweder in Versicherungs-
summen niederschlug oder aber entsprechend der Ein-
trittswahrscheinlichkeit in die Mindesterlöse der Kauf-
leute einzurechnen war. „Risiko“ verbreitet sich in nur
sehr geringen Wandlungen seiner Originalversion in fast
alle europäischen Sprachen, was ein Indiz für den
durchschlagenden Erfolg dieser konzeptionellen Idee
des Umgangs mit Gefahren ist. In der Evolution eines
Gesellschaft-Natur-Verhältnisses bedeutet diese Idee
einen qualitativen Sprung hinsichtlich des Umgangs mit
und der Verfügbarkeit von naturräumlichen Potenzia-
len. Vom Menschen gestaltete Landschaften, beispiels-
weise Agrarlandschaften, enthalten stets Elemente, die
auf die Absicht Risiken zu vermindern, verweisen.
Die Entscheidungen für den Anbau bestimmter Pro-
dukte in der Landwirtschaft sind also einerseits von den
Möglichkeiten geprägt, die die naturräumlichen Bedin-
gungen oder Geopotenziale erlauben. Andererseits sind
diese Geopotenziale nicht absolut wirksam, sondern
werden von menschlichen Akteuren wahrgenommen
und bewertet, indem sie beispielsweise in Beziehung zu
anderen Rahmenbedingungen des Wirtschaftens gesetzt
werden, wie ein einfaches Beispiel verdeutlicht: Wenn
ein Klimaregime in einer Region so aussieht, dass im
langfristigen statistischen Mittel sich der Anbau eines
bestimmten Produkts in 18 von 20 Jahren lohnt, liegt es
bei den Landwirten zu entscheiden, ob dieser Verhält-
niswert die Anstrengung des Kapitaleinsatzes für Saat-
gut, Maschinen, Düngung und so weiter und nicht
zuletzt der eigenen Arbeitskraft lohnt oder nicht. In
diese Entscheidung geht eine grundsätzliche Bedingung
ein - nämlich, ob der Landwirt den Ausfall eines Ernte-
produkts überhaupt verkraften, das heißt irgendwie aus-
gleichen kann. Kann er das nicht, weil dieses Produkt
vielleicht für ihn und seine Familie überlebenswichtig
ist, kommt der Anbau dieses Produkts nicht infrage, weil
es mit einem zu hohen Risiko behaftet ist. Die Entschei-
dung für oder gegen ein bestimmtes Agrarprodukt ver-
langt also eine erste, unmittelbare Bewertung des Geo-
potenzials des Standorts. Im einfachen Fall ist dies eine
möglichst ideale Anpassung der Anbauprodukte an die
naturräumlichen Bedingungen des Ortes oder Raumes.
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