Geography Reference
In-Depth Information
zustellen, wie das in entsprechenden Abkommen defi-
niert wurde. Für die Zukunft sind weitreichendere For-
men und Inhalte geplant, wie das insbesondere im
INSPIRE-Vorhaben zum Ausdruck kommt. Neben der
grundsätzlichen Frage der freien Zugänglichkeit von
Informationen gehen damit vielfältige neue Optionen
einher. Zweifelsohne hat sich die räumliche Planung
europaweit seit den 1980er-Jahren von einer staatlich
gelenkten und durchgesetzten Planung hin zu diskursi-
ven und kooperativen Planungsstrategien entwickelt.
Um die Einbindung der verschiedensten Interessens-
gruppen und deren Verständnis für die zugrunde lie-
genden räumlichen Prozesse zu ermöglichen, gewinnen
Verfahren der Geokommunikation und -visualisierung
eine immer größere Bedeutung. Die Geokommunika-
tion beschäftigt sich mit der an Nutzergruppen ange-
passten Darstellung und Vermittlung geographischer
Bedingungen und Prozesse unter Nutzung neuer digi-
taler Medien.
Neuere Entwicklungen partizipativer Bürgerbeteili-
gung wie sie unter anderem in Großprojekten wie
„Stuttgart 21“ eingefordert wurden, werden zum einen
den neuen Bedürfnissen einer cloud-orientierten digita-
len Nutzercommunity gerecht, zum andern bieten sie
neue Formen der Geokommunikation zwischen Pla-
nern, Bürgern, Wissenschaft und Fachforen (Wolfram
2011). So können die neuen Kommunikations- und
Darstellungsformen digitaler Welten wechselseitig die
integrative und partizipative Planung stärken.
Terminus der Persistenz verknüpft ist. Kulturlandschaf-
ten haben in diesem Konzept Indikatorwert und ver-
weisen auf Zustände in der Gesellschaft. Dieser Ge-
danke wird in der folgenden Argumentation leicht
modifiziert: Ziel ist es weniger, aus dem Arrangement
von Objekten in der Landschaft auf gemeinsame Merk-
male von Gruppen zu schließen, als vielmehr auf zu-
grundeliegende ökonomische Motive. Dieser Zusam-
menhang gilt natürlich im Prinzip für sehr viele
wirtschaftliche Aktivitäten. In Verbindung mit den hier
zu behandelnden Geopotenzialen steht die Landwirt-
schaft im Zentrum der Betrachtung.
Der Prozess der wirtschaftsräumlichen Integration
wird als zunehmende räumlich-funktionale Verbindung
von Akteuren verstanden, die jedem einzelnen Akteur an
seinem Standort eine größere Spezialisierung ermög-
licht, da über räumlichen Austausch eine Kompensation
erreicht wird. Der Zusammenhang zwischen ökonomi-
schen und räumlich-gestalterischen Prozessen wird
durch zwei Setzungen hergestellt:
Der Prozess wirtschaftsräumlicher Integration wird
im Sinne gesellschaftsräumlicher Skalen nicht einsei-
tig „von oben“ betrieben, sondern ist das Ergebnis
sowohl durch lokale und regionale als auch nationale
und supranationale Perspektiven motivierter Akti-
vitäten.
Raum wird von Individuen ebenso wie von Gesell-
schaften als Ressource genutzt, um das eigene Leben
sicher, das heißt risikoärmer zu gestalten. Für das
Verständnis der gesellschaftlichen Bewertung von
räumlichen Verhältnissen und Geopotenzialen und
die entsprechende Gestaltung von Landschaft hat das
Streben nach Sicherheit bzw. Verringerung von Risi-
ken hohe Erklärungskraft.
Kulturlandschaften in Europa
und europäische Integration
Die Nutzung von Raum als Ressource der Risikoredu-
zierung beinhaltet eine ideengeschichtliche Wende der
Sicht auf Natur (Exkurs „Gesellschaft-Natur-Verhält-
nisse in langfristiger Betrachtung“ in der Einleitung zu
Kapitel 2), die an der Differenz der Begriffe „Naturge-
fahren“ und „Naturrisiken“ aufzuzeigen ist. „Naturge-
fahren“ beinhaltet die Idee des Ausgeliefertseins, das
heißt, Naturgefahren sind etwas ständig und latent vor-
handenes, dessen Eintreten nicht vorhersehbar ist. Diese
Art der Sicht auf Natur geht häufig mit prämodernen,
„peccatologischen“ Weltbildern einher, das heißt, das
Eintreten eines gefahrvollen und schädigenden Natur-
ereignisses wird ursächlich mit einem schuldhaften Ver-
halten des Menschen oder der Gesellschaft in Verbin-
dung gebracht. Das klassische Beispiel für diese
Weltsicht schlechthin ist die Deutung einer Über-
schwemmung als „Sintflut“, also als Strafe für sündiges
Verhalten. Wie wirkmächtig diese Zuschreibung noch
heute, in einer vermeintlich aufgeklärten Gesellschaft
ist, zeigen die Zitate sowohl des Begriffs als auch seiner
Sebastian Lentz
Raum als Ressource zur
Risikominderung
Kulturlandschaften werden als Produkte längerfristiger
Tätigkeit des Menschen verstanden. Abgesehen davon,
dass Kultur selbst qua definitionem etwas Dauerhaftes
ist, zielt diese Formulierung auf den Umstand ab, dass
sich menschliche Aktivitäten erst nach einer gewissen
Konstanz und/oder Regelhaftigkeit im Raum in Form
von physischen Objekten sichtbar niederschlagen (Ka-
pitel 5). Diese wiederum bleiben meist auch nach Been-
digung der Tätigkeiten noch eine Zeit lang in ihrer
Form erhalten, selbst wenn sie nicht mehr ihrer ur-
sprünglichen Funktion zugeordnet sind. Deshalb hat
die Sozialgeographie in Verknüpfung mit der Land-
schaftsforschung den Begriff der fotographischen Re-
gistrierplatte (Hartke 1959) verwendet, der eng mit dem
Search WWH ::




Custom Search