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Exkurs 2.11
Bewertungsbasiertes Raumhandeln
Ein Beispiel für einen
top-down
-Ansatz bietet EUREK, das
Europäische Raumentwicklungskonzept der EU. Vom Infor-
mellen Rat der für die Raumordnung zuständigen nationa-
len Minister wurde es 1999 in Potsdam angenommen. Leit-
bilder dieses Konzepts sind vor allem die Entwicklung eines
ausgewogenen und polyzentrischen Städtesystems sowie
ergänzungsräumlicher Beziehungen zwischen Stadt und
Land, die Sicherung eines gleichwertigen Zugangs zu Infra-
struktur und Wissen sowie die nachhaltige Entwicklung und
der Schutz von Kultur und Naturerbe. Eine im EUREK-Sinn
konzipierte integrierte Raumentwicklung bedarf bei aller
gesamteuropäischen Zielsetzung der Regionalisierung. Eine
wichtige Rolle spielen dabei die transnationalen INTERREG-
II-C-Programme. Diese haben vor allem drei Zielsetzungen:
•
de Janeiro verabschiedete Rio-Deklaration induziert. Deren
Grundsatz 22 stellt fest: „Gemeinden sowie andere lokale
Gemeinschaften spielen eine entscheidende Rolle im
Umgang mit der Umwelt und der Entwicklung”. Auf dieser
Grundlage sind daraufhin in zahlreichen Städten und Dör-
fern Agenda-21-Initiativen entstanden. Deren Anliegen ist
es, Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft im jeweils loka-
len/regionalen Rahmen in ein nachhaltiges Gleichgewicht
zu bringen. Stellen die europäischen Großregionen im
Mehrebenensystem der Raumentwicklung die transnatio-
nale Ebene dar, so die Gemeinden die topische. Das
prädestiniert sie in besonderer Weise für Agenda-21-
Prozesse. Diese betreffen unter der Leitidee von Nachhal-
tigkeit und Zukunftsfähigkeit hauptsächlich vier Leitziele:
•
Zusammenarbeit in der allgemeinen Raumplanung
die natürlichen Lebensgrundlagen zu erhalten
•
Milderung der Folgen von Flutkatastrophen
•
das wirtschaftliche Wohlergehen zu gewährleisten
•
Vorbeugung gegen Dürren
•
für soziale Fürsorge zu sorgen
partizipative Prozesse in Gang zu setzen
•
Daraus ergeben sich für die sieben Großregionen Nordsee-
raum, Ostseeraum, Atlantischer Raum, Südwesteuropa,
Westliches Mittelmeer mit Südalpen, Mitteleuropa-Adria-
Donau-Südosteuropa sowie Nordwesteuropäischer Metro-
polraum unterschiedliche Gewichtungen. Schwerpunkt-
programmgebiete zur Verhütung von Überschwemmungen
sind zum Beispiel das Rhein-Maas-Gebiet und zur Dürrebe-
kämpfung die betreffenden Problemregionen in Portugal,
Spanien, Italien und Griechenland.
Ein gegenläufiger
bottom-up
-Ansatz wurde durch die von
der Weltkonferenz für Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio
Eine Lokale Agenda 21 muss damit vier Handlungsschwer-
punkte ins Auge fassen: die ökologische, soziale, wirt-
schaftliche und partizipative Ortsentwicklung. Etwa 20 Pro-
zent der deutschen Gemeinden haben diesen Gedanken
aufgegriffen und sich auf ein entsprechendes Entwick-
lungskonzept verständigt. Inhaltliche Schwerpunkte sind
dabei vor allem der Klima- und Landschaftsschutz sowie die
Verkehrs-, Bau- und Flächennutzungsplanung.
Areas of Conservation
(FFH-Gebiete) bzw.
Special Pro-
tection Areas
(Vogelschutz-Gebiete) - regional zum Teil
in Überschneidung - deklariert.
•
Bodenerosion; besondere europäische Risikoräume
sind die Mittelmeerländer
•
Feinstaubbelastung und Flächenversieglung; dieses
Problem betrifft vor allem die europäischen Agglo-
merationsräume
Raumprobleme - Problemräume
•
Waldschäden; Nadel- und Blattverluste (Waldster-
ben) werden hauptsächlich in Portugal, Südspanien,
Frankreich, Italien und Kroatien registriert
Wie sehr menschliche Lebensentfaltung Raumver-
brauch nach sich zieht, hat das Modell des Ökologischen
Fußabdrucks überdeutlich gezeigt. Ebenso wurde
ersichtlich, dass der Raumverbrauch in den europä-
ischen Staaten sehr disparitär ist. Entsprechend differen-
ziert sind auch die regionalen Raumprobleme und das
Mosaik der europäischen Problemräume. Einige der
gravierendsten Raumprobleme sind:
•
Die sich daraus ergebenden Problem- und Risikoszena-
rien sind vielfältig. Sie stellen für die europäische
Raumentwicklung vordringliche Aufgabenfelder dar.
Entsprechend nimmt sie das Europäische Raument-
wicklungskonzept auch ins Blickfeld.
Die Raumentwicklung Europas hat jedoch keines-
wegs nur eine europäische Dimension. Sie ist vielmehr
gerade auch in einem Globalisierungskontext zu sehen.
Ein Beispiel dafür ist die Bioenergie. Bis 2020 sollen
Altlasten und Bodenkontamination; für Deutschland
werden etwa 250 000 Altlasten-Verdachtsflächen ge-
schätzt