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Landnutzungsänderung im Überblick
westdeutschland und den Pripjat-Sümpfen Osteuropas.
Die flussbegleitende Auenvegetation durchzieht als
linienhafte Elemente fast alle Pflanzenformationen
Europas (Abb. 2.46d), wobei die großen Ströme der
Wolga, der Donau, der Weichsel, der Elbe und des
Rheins mit ihren Nebenflüssen abschnittsweise durch
besonders breite Hartholz- und Weichholzauen hervor-
treten. In den Steppen und Halbwüsten Südosteuropas
werden die Galeriewälder der großen Ströme durch
Tamarisken-Auengehölze gebildet. Einen Sonderfall stel-
len die Marschen und Polder Frieslands sowie Hollands
dar. Die potenzielle natürliche Vegetation ist hier, unter
Berücksichtigung der irreversiblen Standortverände-
rungen durch Eindeichung und Aussüßung dieser ehe-
maligen Meeresböden, ein feuchtes Eschen-Ulmen-
Eichengehölz.
Besonders aussagekräftig ist die zeitliche Entwicklung
(Abb. 2.50): Insgesamt unterlagen zwischen 2000 und
2006 rund 120 000 Quadratkilometer, und damit 1,3
Prozent der Fläche Europas, einem Nutzungswandel.
Die größte Dynamik war in Portugal, Zypern, Ungarn,
Tschechien und Irland und in Teilen von Nordeuropa
zu verzeichnen. Demgegenüber erwiesen sich die Alpen,
Pyrenäen, Rumänien und Norwegen als am stabilsten.
Wälder wuchsen im gleichen Zeitraum um 0,1 Prozent;
die agrare Nutzfläche nahm hingegen um 0,2 Prozent
ab, Weideflächen und kleinteilige Anbauformen sogar
um 0,3 Prozent. Der negative Trend für halbnatürliche
Vegetationsflächen, offene Flächen und Feuchtgebiete,
der schon 1880 bis 2000 zu erkennen war, setzte sich
weiter fort. Feuchtgebiete wie Moore gingen um beinahe
4 Prozent zurück, wo hingegen die Wasserfläche durch
die Zunahme künstlicher Seen und Reservoirs stieg.
Landbedeckung, Landnutzung und
Landnutzungswandel als Ausdruck
von Raumbeanspruchung und Raum-
bewertung in europäischer Skale
Flächenversiegelung und
Landschaftszerschneidung
Rüdiger Glaser und Klaus Kremb
Am stärksten wuchsen die künstlichen Oberflächen
( artificial areas ) - zwischen 1990 und 2006 um fast
8 Prozent, dabei seit 2000 um 3,4 Prozent. Der Schwer-
punkt dieser Entwicklung liegt in Westeuropa mit be-
sonders auffälligen Verdichtungen in den Niederlanden,
der Poebene, entlang der spanischen Küste und im
Umland der größeren westeuropäischen Stadtagglome-
rationen wie Madrid, Paris, Dublin, Toulouse und Rom,
ebenso in Portugal. In der Türkei weist die Region am
Bosporus und um Ankara den größten Zuwachs auf.
Linienhafte Strukturelemente, insbesondere der Stra-
ßen- und Autobahnbau, dominieren in Spanien, Polen
und Kroatien. Sie führen insgesamt - aber nicht nur in
den genannten Regionen - zu einer zunehmenden Zer-
schneidung der Landschaft und zur Verinselung von
Biotop- und Habitatflächen (EEA 2011). Ein starkes
Siedlungswachstum ist in Frankreich hauptsächlich ent-
lang der mediterranen Küstenzone zu verzeichnen,
ebenso um Lyon. In Deutschland weist der Westen einen
starken Zuwachs auf, in Albanien der Küstensaum.
Die Urbanisierung in der EU-25 ist zwischen 1990
und 2000 um das Dreifache der Fläche Luxemburgs
gestiegen. Zwischen 1990 und 2000 nahmen urbane Flä-
chen um mehr als 5 Prozent zu. Der wirtschaftliche
Kernraum Europas - die Großregion der „Blauen
Banane“ - ist mit durchschnittlich mehr als 200 Ein-
wohnern pro Quadratkilometer ein multipler Bean-
spruchungsraum. Der dadurch am stärksten betroffene
Geofaktor ist der Boden. In städtischen Gebieten resul-
tiert das primär aus der Bodenversieglung infolge von
Wohn-, Wirtschafts-, Verkehrs-, Bildungs- und Freizeit-
Die Landbedeckung ist ein augenfälliges Maß der räum-
lichen Beanspruchung. Art, Umfang und Muster der
Landnutzung spiegeln Planungsdynamiken, wirtschaft-
liche Entwicklungen, gesellschaftliche Werthaltungen
und Aushandlungsprozesse. Im Rahmen des Landnut-
zungswandels verdeutlichen sie raumwirksame Gestalt-
komponenten (Abb. 2.48). Daraus ergeben sich weitrei-
chende Konsequenzen für ökologische Ergänzungs- und
Ausgleichsfunktionen, aber auch Fragen von Belastungs-
und Regenerationszuständen, Übernutzung und Unter-
schutzstellung. Sie stellen damit eine grundlegende
Bewertungsgröße unserer heutigen Raumansprüche dar
und sind zu Recht im Rahmen der global-change -
Diskussion ein zentrales Thema (Lambin & Geist 2006,
EEA 2001).
Grundlage der Bewertung ist das Corine-Land-Cover -
Projekt, das erstmalig 1990, dann 2000 und für das Jahr
2006 durchgeführt wurde (Abb. 2.49). Die drei flächen-
mäßig größten Anteile in den EEA-Mitgliedsstaaten
nehmen die Wälder mit 35 Prozent, dann agrare Nutz-
flächen mit 25 Prozent und Weiden sowie kleinteilige
Anbauformen mit 17 Prozent ein. Zusammengenom-
men dominieren die landwirtschaftlichen Nutzflächen
mit 42 Prozent. Versiegelt sind 4 Prozent des Areals der
EEA-Staaten, davon vier Fünftel als Industrie- und
Gewerbegebiete. Die Bereiche Transport und Infra-
struktur sowie Wohnen, Dienstleistung und Erholung
dominieren das restliche Fünftel.
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