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Geheimnisse der Lykier
»Und Sarpedon führte die Lykier und
der Held Glaukos, fern aus Lykien und
von den wirbelnden Fluten des Xan-
thos«, so schildert Homer den Auftritt
der Lykier während der Belagerung
von Troia. Dies ist der erste literarische
Hinweis auf ein bis heute mysteriöses
Volk, das in der wilden, dünn besiedel-
ten Bergwelt des westlichen Taurus
eine eigenständige Kultur hervorge-
bracht hat.
Nach Herodot soll Lykien im 15. Jh.
v. Chr. von dem Bruder des sagenhaf-
ten kretischen Königs Minos besiedelt
worden sein, allerdings ist die Sprache
eher dem Luwischen der indogermani-
schen Hethiter ähnlich. Aus dem 13. Jh.
v. Chr. berichten hethitische Quellen
von den Kriegszügen König Tutchali-
jas' IV. gegen die Lukki, ein Volk im
Westen seiner Hauptstadt Hattušas.
Gegen jede Art der Unterwerfung,
das mussten schon die Hethiter fest-
stellen, setzten sich diese Bergbewoh-
ner während ihrer gesamten Geschich-
te entschieden zur Wehr. So ist ihr über-
lieferter Einsatz vor Troia, nach der
antiken Historiografie um 1208 v. Chr.
anzusetzen, vielleicht als Abwehr-
schlacht der minoisch-hethitisch beein-
flussten Bewohner des Südens Klein-
asiens gegen die durch die Seevölker-
wanderung des späten 13. Jhd.
ausgelösten Bevölkerungsverschiebun-
gen zu deuten. Nach Homer spielten sie
dabei keine entscheidende Rolle: »Und
da hätte der Lykier mehr erlegt der
Odysseus, hätt' es Hektor nicht scharf
bemerkt mit funkelndem Helme.«
Archäologische Funde aus dieser
frühen Zeit hat man zwar nicht entde-
cken können, doch besonders faszinie-
rend erschienen schon den frühen Ent-
deckungsreisenden des 19. Jh. jene
seltsamen Gräber, die wohl zwischen
dem 6. und 4. Jh. v. Chr. entstanden
und damit sehr viel älter sind als die
hellenistischen und römischen Pracht-
bauten an der Südküste. Die ersten sol-
cher Gräber wurden aus der Hafen-
stadt Megri, heute Fethiye, bekannt,
die aber heute zwischen modernen
Bauten untergehen. Im lykischen Kern-
land sind sie viel schöner in unberühr-
ter Natur zu entdecken.
Von Tlos nach Xanthos
Erste Station ist Tlos , hier ist unterhalb
der Akropolisburg eine Nekropole aus
Hausgräbern angelegt, bei denen eine
aus dem Fels gemeißelte Zierwand auf
die Grabkammer hinweist. Dabei wird
eine Holzkonstruktion mit Balkenge-
rüsten und lehmverschmierten Wand-
kassetten nachgeahmt; teils mit einer
Front von bis zu drei Stockwerken, teils
auch verziert mit Zahnschnittfriesen
und figürlichen Hochreliefs.
Bei der Anfahrt auf Pinara ist dann
der früheste Gräbertyp sehr beeindru-
ckend zu sehen: Die wohl 80 m hohe
Felswand der Akropolis ist mit Grab-
höhlen wie durchlöchert; nur mit hän-
genden Arbeitsplattformen können
die Lykier diese Höhlen in den Felsen
getrieben haben. Entstanden sind sie
wohl in der lykischen Frühphase vor
der Eroberung durch die Perser.
Pinara weist in seiner selten besuch-
ten Südnekropole einige schöne Tem-
pelgräber, quasi die späteste Form,
auf: Hier ziert eine aus dem Felsen ge-
meißelte griechische Tempelfront die
Grabkammer - so wie auch beim be-
kannten Amyntas-Grab in Fethiye,
dem lykischen Telmessos. Hinter der
Scheinfassade mit ionischen Säulen
und einem Spitzdachgiebel öffnet sich
eine häufig reliefverzierte und einst
bemalte Vorhalle. Beeindruckend sind
die Details: Sogar die Bronzebeschläge
der Türen und die Klammern für die
Marmorblöcke wurden simuliert.
 
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