Cryptography Reference
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5.1.1
Heberns Rotormaschine
Das Design von Heberns Maschine sah eine oder mehrere kreisrunde Scheiben
(Rotoren) vor, die auf beiden Seiten mit jeweils 26 Metallkontakten versehen
waren. Im Folgenden gehen wir von drei derartigen Rotoren aus. Jeder Kontakt
auf der einen Seite eines Rotors war mit einem Kontakt auf der anderen Seite ver-
drahtet. Die drei Rotoren waren wie bei einem Tachometerzähler aneinanderge-
koppelt. Wurde ein Kontakt auf der linken Seite des linken Rotors durch Drü-
cken einer von 26 Tasten mit einer Stromquelle verbunden, dann floss Strom
durch alle drei Rotoren hindurch und brachte nach dem dritten Rotor eine von
26 angeschlossenen Lampen zum Aufleuchten. Jede Taste war mit einem Buch-
staben beschriftet, jede Lampe ebenfalls.
Durch diese Anordnung ließ sich jeder Buchstabe auf einen durch die Rotor-
verdrahtung festgelegten anderen abbilden - dadurch entstand ein Verschlüsse-
lungsverfahren (siehe Abbildung 5-1). Dieses wurde dadurch noch komplizierter,
dass nach jedem Tastendruck der linke Rotor um eine Einheit gedreht wurde.
Nach einer vollen Umdrehung drehte sich auch der mittlere Rotor um eine Ein-
heit, entsprechend nach einer vollen Umdrehung des mittleren der rechte (wie
beim Tachometerzähler). Eine Chiffre dieses Typs wird Rotorchiffre genannt.
Fast zeitgleich mit Edward Hebern kamen drei weitere Erfinder auf die Idee,
Rotor-Chiffriermaschinen zu bauen. Der bekannteste davon war Arthur Scher-
bius, von dem noch die Rede sein wird (seine Maschine war die Enigma). Aus
Kryptografen-Sicht ist eine Rotorchiffre eine polyalphabetische Substitutions-
chiffre. Die Tabelle, nach der aus dem Klartext der Geheimtext gebildet wird,
ändert sich nach jedem Buchstaben, da sich nach jeder Eingabe mindestens ein
Rotor dreht. Erst wenn sich der rechte Rotor einmal komplett gedreht hat, wie-
derholt sich die Substitutionsvorschrift. Dies ist bei drei Rotoren nach 26 3 (also
17.576) Buchstaben der Fall.
Wie jedes gute Verschlüsselungsverfahren, so arbeiten auch Rotorchiffren mit
einem Schlüssel. Geht man davon aus, dass die Verdrahtung der Rotoren über
längere Zeit konstant bleibt und Mallory bekannt ist, dann ist die Anfangsstel-
lung der Rotoren der Schlüssel. Die Anzahl der Schlüssel ist dann so groß wie die
der Rotorstellungen und beträgt bei drei Rotoren 17.576. Diese Zahl lässt sich
noch deutlich erhöhen, wenn man die Rotoren austauschen kann. Hat man bei-
spielsweise fünf unterschiedlich verdrahtete Rotoren zur Verfügung und kann
davon jeweils drei in beliebiger Reihenfolge einsetzen, dann versechzigfacht sich
die Anzahl der Schlüssel auf etwa eine Million. Die meisten Betreiber von Rotor-
Chiffriermaschinen gingen zudem davon aus, dass der Angreifer die Verdrahtung
der Rotoren nicht kannte.
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