Cryptography Reference
In-Depth Information
Nebenbei hatte Dobbertin mit seiner Arbeit auch MD4 geknackt, das einen
ähnlichen Aufbau wie RIPEMD hat, mangels einer Doppelung des Ablaufstrangs
jedoch weniger sicher ist. Zum ersten Mal in der modernen Geschichte der Kryp-
tografie hatte damit ein Deutscher ein Verfahren gebrochen, das in der Praxis ein-
gesetzt wurde. Als Nächstes nahm sich Dobbertin MD5 vor. Auch hier entdeckte
er Schwachstellen und konnte am Ende sogar Kollisionen erzeugen, sofern das
Verfahren mit geänderten Initialisierungsvektoren arbeitete. Dies war zwar
erneut nur ein theoretischer Angriff, doch der in der Kryptografie übliche Sicher-
heitspuffer war damit aufgebraucht. MD5 wurde nach Dobbertins Angriff in
Neuimplementierungen nicht mehr eingesetzt und ist heute weitgehend aus der
Krypto-Welt verschwunden.
Nachdem Dobbertin ausreichend Erfahrung mit dem Knacken kryptografi-
scher Hashfunktionen gesammelt hatte, entwickelte er selbst eine solche. 1996
veröffentlichte er zusammen mit den belgischen Kryptografen Antoon Bosselaers
und Bart Preneel das Verfahren RIPEMD-160, das eine Weiterentwicklung von
RIPEMD darstellt. RIPEMD-160 ist eines der wenigen kryptografischen Verfah-
ren deutscher Herkunft, das es zu einer nennenswerten Verbreitung in der Praxis
gebracht hat. An den neueren Entwicklungen im Bereich der kryptografischen
Hashfunktionen, die die Qualität seines Verfahrens RIPEMD-160 bestätigten,
konnte Dobbertin durch seine zwischenzeitlich diagnostizierte Krebserkrankung
nur noch eingeschränkt teilhaben. Am 2. Februar 2006 starb Hans Dobbertin in
Bochum.
40.1.7
Das »S« in RSA: Adi Shamir (*1952)
Adi Shamir ist Professor am israelischen Weizman-Institut für Wissenschaften
und außerdem das »S« in RSA. Die Erfindung des RSA-Verfahrens glückte dem
Israeli zusammen mit Rivest und dem Mathematiker Leonard Adleman während
seines mehrjährigen Wirkens in den USA. 1980 kehrte er in seine Heimat zurück
und hatte einen wesentlichen Anteil daran, dass sich Israel zu einer Hochburg der
Kryptografie entwickelte. Weitere bekannte Kryptografen aus diesem Land sind
Amos Fiat und Eli Biham.
Auch ohne seine Beteiligung an der Erfindung des RSA-Verfahrens müsste
man Adi Shamir zu den bedeutendsten Kryptografen der Welt zählen. Niemand
sonst in der Krypto-Szene kann auf so viele Kryptoanalyse-Erfolge zurückblicken
wie er. Unter anderem ist Shamir Miterfinder der differenziellen Kryptoanalyse,
die als bedeutendste kryptografische Analysemethode der Computer-Ära gilt.
Auch die (theoretischen) RSA-Knack-Maschinen TWINKLE und TWIRL (siehe
Abschnitt 11.3.3) sind sein Werk. Shamir gelang zudem ein erfolgreicher Angriff
auf das Protokoll WEP, das RC4 als Verschlüsselungsverfahren nutzt. Darüber
hinaus entwickelte Shamir einige Verfahren und Erkenntnisse, die in diesem Buch
nicht betrachtet werden. Dazu gehört insbesondere das nach ihm benannte Fiat-
Search WWH ::




Custom Search