Cryptography Reference
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3.6.2
Vorteile einer Krypto-Beschränkung
Die Gegenposition vertreten vor allem staatliche Behörden, die für innere Sicher-
heit zuständig sind. Ihr Plädoyer für eine Krypto-Beschränkung würde etwa so
aussehen:
Die Verbrechensbekämpfung verliert ohne Krypto-Beschränkung ein wirksa-
mes Werkzeug. Das Abhören von Telefongesprächen und sonstiger Kommu-
nikation ist eine wirksame Waffe gegen Kriminelle. Es wäre leichtsinnig, diese
Waffe kampflos aus der Hand zu geben.
Das Post- und Fernmeldegeheimnis ist nicht unantastbar. Durch den Einsatz
von Kryptografie gehen jedoch auch legale Formen des Abhörens verloren.
Krypto-Gesetze können zwar umgangen werden, dies geschieht aber meist
nicht. Anwender sind schließlich faul, und Kriminelle sind auch faul. In den
meisten Fällen sind sie zu faul, um sich eine illegale Software zu besorgen, die
ihre Daten verschlüsselt, auch wenn dies noch so einfach ist. Steganografie
(das Verstecken von Informationen in unauffälligen Daten) wird aus den glei-
chen Gründen nicht eingesetzt. Die Polizei lebt von den Fehlern, die Krimi-
nelle machen, und sie hat damit meist Erfolg. Wenn Verschlüsselung daher
zum festen Bestandteil von E-Mail- und Textverarbeitungsprogrammen wird,
dann verschlüsselt jeder automatisch, ohne überhaupt daran zu denken. Bei
einer Krypto-Beschränkung bieten kommerziell erhältliche Programme dage-
gen keine sichere Verschlüsselung. Es gibt keinen Zweifel, dass die meisten
Kriminellen den Fehler machen, in diesem Fall auf eine spezielle Verschlüsse-
lungssoftware zu verzichten.
Durch Maßnahmen zur Schlüsselwiederherstellung kann trotz sicherer Ver-
fahren staatlicher Missbrauch weitgehend vermieden werden. Dies stellt in
den Augen vieler Verfechter einer Krypto-Beschränkung einen gangbaren
Kompromiss dar. Wir müssen unserem Staat in vielen Dingen vertrauen,
warum trauen wir ihm nicht zu, auf unsere Schlüssel aufzupassen?
Nicht zu bestreiten ist, dass das erste Argument auf dieser Liste etwas für sich
hat. Es gibt in der Tat zahlreiche Fälle, in denen eine unverschlüsselte Kommuni-
kationsverbindung einem Kriminellen zum Verhängnis wurde. Hier eine Auswahl:
Reemtsma-Entführung : Das bekannteste Beispiel für eine erfolgreiche polizei-
liche Abhöraktion ist die Entführung des Industriellen Jan-Philipp Reemtsma.
Der Drahtzieher dieses Verbrechens, Thomas Drach, setzte sich nach der Tat
nach Südamerika ab und telefonierte von dort aus regelmäßig mit einem
Freund in Deutschland. Die Polizei hörte die Gespräche ab, konnte aber nie
den genauen Aufenthaltsort Drachs ermitteln. Dies ging so lange, bis Drach
sich irgendwann am Telefon verplapperte und dadurch verriet, dass er sich
gerade in Buenos Aires aufhielt. Einige Stunden später saß er hinter Schloss
und Riegel.
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