Cryptography Reference
In-Depth Information
für Verfassungsschutz (»Wir müssen verschlüsselte Botschaften lesen können«)
[Spie97]. Auch der damalige Bundesinnenminister Manfred Kanther zog eine
Schlüsselhinterlegung in Erwägung. Zahlreiche Organisationen (z.B. der Chaos
Computer Club und der Branchenverband Teletrust) leisteten jedoch erfolgreich
Widerstand, und so verschwand das Thema schnell wieder in der Versenkung.
3.6.1
Nachteile einer Krypto-Beschränkung
Zu den Gegnern einer Krypto-Beschränkung gehören Datenschützer, Bürger-
rechtler, Verbraucherschützer, Liberale und so gut wie die gesamte Computer-
und Telekommunikationsbranche. Hier sind die Argumente, die sie ins Feld füh-
ren:
Die Kryptografie bietet Schutz gegen staatliche Eingriffe. Wenn es nicht
erlaubt ist, wirksam zu verschlüsseln, dann sind staatlichen Schnüffeleien Tür
und Tor geöffnet.
Die Kryptografie erschwert Wirtschaftsspionage. Werden keine wirksamen
Verschlüsselungsmaßnahmen verwendet, dann ist Wirtschaftsspionage an der
Tagesordnung - ein gewaltiger Nachteil für den jeweiligen Standort.
Es gibt in Deutschland und anderen Staaten verfassungsrechtliche Bedenken
gegen Krypto-Beschränkungen. Vorschriften, die dem Staatsbürger die Ver-
wendung von Verschlüsselung verbieten, sind möglicherweise verfassungs-
widrig. Sie könnten gegen die informationelle Selbstbestimmung, Vertraulich-
keit der Kommunikation und die Entfaltungsfreiheit verstoßen.
Krypto-Gesetze sind leicht zu umgehen. Während sich ein Krimineller kaum
durch ein Verbot beeindrucken lässt, müssen sich vor allem kommerzielle
Anwender zähneknirschend an die Vorschriften halten, womit die Ziele einer
Krypto-Beschränkung ad absurdum geführt würden.
Krypto-Gesetze schwächen das Vertrauen in Produkte, die auf dem Markt
erhältlich sind. Amerikanische Firmen erlitten empfindliche Umsatzeinbußen,
weil sie ihre starke Krypto-Software lange Zeit nicht exportieren durften.
Eine generelle Krypto-Beschränkung hätte ähnliche Konsequenzen. Schon
Vorschriften zur Schlüsselwiederherstellung würden das Vertrauen von
Anwendern im In- und Ausland enorm schwächen.
Was man selbst tut, muss man auch anderen zubilligen. Wenn ein demokrati-
sches Land das Verschlüsseln reglementiert, dann kann man sich nicht bekla-
gen, wenn dies andere Staaten auch tun. Auch solche mit totalitären Regie-
rungen.
Search WWH ::




Custom Search