Cryptography Reference
In-Depth Information
2.3.1
Wirtschaftsspionage
Der wichtigste Grund, warum die Kryptografie seit Jahren einen Boom erlebt, ist
nicht etwa die Sorge um private E-Mails, die Alice an ihren Freund Bob schickt
und die Mallory lesen könnte. Verantwortlich sind vielmehr handfeste wirtschaft-
liche Interessen. Als große Gefahr gelten beispielsweise staatliche Geheimdienste,
die sich nach Ende des Kalten Kriegs vermehrt auf die Wirtschaftsspionage verle-
gen. Nach [Karkow] sind derartige Aktivitäten in Ost und West gleichermaßen zu
verzeichnen. Selbst befreundete Staaten wie Frankreich und die USA haben die
deutsche Wirtschaft im Visier, und teilweise wird nicht einmal ein Hehl daraus
gemacht. Öffentliche Datennetze sind dabei ein immer wichtiger werdendes Betä-
tigungsfeld, da sie oft den einfachen Zugang zu brisanten Informationen ermög-
lichen.
Als Weltmeister im Lauschen gilt unangefochten die amerikanische Geheim-
behörde NSA (National Security Agency). Den Namen dieser Organisation soll-
ten Sie sich merken, denn sie wird noch einige Male in diesem Buch erwähnt wer-
den. Die NSA ist der weltweit größte Arbeitgeber von Mathematikern und
ebenfalls weltweit der größte Abnehmer von Hardware. Über die Fähigkeiten
dieser Behörde beim Knacken von Codes und im maschinellen Auswerten von
abgehörten Informationen werden wahre Wunderdinge erzählt. Genaues weiß
man allerdings nicht, da die gesamte Arbeit der NSA unter strengster Geheimhal-
tung abläuft.
Natürlich kann Wirtschaftsspionage auch ohne Hilfe von Geheimdiensten
betrieben werden. Dass Firmen Hacker zum Ausspionieren der Konkurrenz
anheuern, ist sicherlich kein unrealistisches Szenario. Es gibt Schätzungen, nach
denen der jährlich durch Wirtschaftsspionage entstandene Schaden allein in
Deutschland die Milliardengrenze weit überschreitet. Auch wenn nur ein Teil
davon über Computernetze wie das Internet erfolgen dürfte, ist der in diesem
Bereich entstehende Schaden beträchtlich.
2.3.2
Kommerz im Netz
Die Abwehr von Wirtschaftsspionage ist nicht die einzige Existenzberechtigung
der Kryptografie. Genauso wichtig ist der Schutz von kommerziellen Transak-
tionen. Ein Beispiel dafür ist das Online-Bezahlen beim Einkaufen im Netz. Auch
das Online-Banking muss geschützt werden. Mallory ist in diesem Fall also nicht
in Geheimdienstkreisen, sondern im Hacker- oder Kriminellenmilieu zu suchen.
Das hat auch Auswirkungen auf die zu verwendenden Krypto-Methoden. Wäh-
rend für den Schutz vor Geheimdiensten nur das Beste gut genug ist, müssen
Krypto-Verfahren im Finanzbereich nicht unbedingt unknackbar sein. Niemand
wird schließlich einen Millionenetat aufwenden, um sich im Internet vor der
Bezahlung eines Paars Socken zu drücken oder um den Kontostand seines Nach-
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