Cryptography Reference
In-Depth Information
Der Grund für diesen Missstand ist klar: Fast alle Kryptografen sind von
Hause aus Mathematiker, Informatiker oder Elektrotechniker. Da liegt es nun
einmal nahe, sich mit Primzahlfaktorisierung, differenzieller Kryptoanalyse und
Zeitangriffen zu beschäftigen. Psychologische und ergonomische Fragestellun-
gen, die für die Entwicklung guter Krypto-Lösungen ebenso wichtig wären, kom-
men da fast zwangsläufig zu kurz.
Ich würde dies sogar als eine Grundlagenkrise der Kryptografie bezeichnen:
Es werden immer mehr und immer bessere Algorithmen und Protokolle entwi-
ckelt, während es nur selten gelingt, diese auf ausreichend zuverlässige Weise ein-
zusetzen. Real-World-Attacken sind daher meiner Meinung nach das derzeit
größte Problem in der Kryptografie. Es genügt einfach nicht, Algorithmen zu ver-
wenden, die Sicherheit bis zum Ende des Universums liefern, wenn Mallory durch
einen Programmfehler oder eine Nachlässigkeit von Anwender Bob an den
Schlüssel kommt.
Die Lösung dieses Grundlagenproblems ist zwar schwierig, doch es ist klar,
wohin die Reise gehen muss. Anstatt die Kryptografie nur mathematisch und
elektrotechnisch zu betrachten, müssen zukünftig auch die anderen in diesem
Kapitel beschriebenen Fragestellungen eine Rolle spielen. Vor allem für Psycholo-
gen ergeben sich meiner Meinung nach spannende Aufgaben. Ich hoffe, dass der-
artige Arbeiten zukünftig gehäuft in Fachzeitschriften und -konferenzen auftau-
chen werden.
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